
Im Zeitalter von Data-Driven Recruiting und immer höheren Recruiting-Budgets kommt natürlich immer mehr die Frage auf, welche Maßnahmen sich lohnen und welche Maßnahmen hingegen Geldverschwendung sind.
Da die Anzahl der Recruiting-Kanäle permanent wächst durch immer mehr Online-Recruiting-Plattformen, Jobbörsen und anderen digitalen Lösungen, ist es nicht so einfach, den Überblick zu behalten. Zu aller erst lohnt es sich jedoch, wenn wir uns erst einmal der Frage widmen, wie wir überhaupt festlegen können, ob ein Kanal gut oder schlecht ist.
Wie können wir messen, welcher Recruiting-Kanal der Beste ist?
Es gibt grundsätzlich vier verschiedene Dimensionen zur Betrachtung der Qualität von Recruiting-Kanälen, die je nach Betrachtungswinkel alle richtig und wichtig sind und in der Regel zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.
1. Quantität: Hierbei handelt es sich insbesondere um die reine Zahl der Bewerbungen. Diese Messgröße ist speziell dann relevant, wenn man Jobs hat, bei denen es um Massengeschäft geht und die individuellen Anforderungen nicht zu spezifisch sind.
Beispiele: Mitarbeiter im Einzelhandel oder Mitarbeiter am Fließband.
Messgrößen: Bewerbung pro Kanal. Kosten pro Bewerbung pro Kanal.
2. Qualität: Hierbei betrachten wir in erster Linie, wie gut Bewerbungen unseren Anforderungen passen. Insbesondere bei Positionen, wo wir hohe Kriterien haben oder sich prozentuell zu viele Personen bewerben, die die Anforderungen nicht erfüllen, ist dieser Ansatz sinnvoll. Denn zu viele unpassende Bewerber kosten auch Zeit und damit letzten Endes auch wieder Geld.
Beispiele: Marketing-Manager, Häufig auch bei Führungspositionen
Messgrößen: Kandidaten, die zum Interview eingeladen wurden pro Kanal pro Stelle (und deren Kosten), Kandidaten die ein Vertragsangebot bekommen haben pro Kanal pro Stelle (und deren Kosten), Kandidaten die eingestellt wurde pro Kanal und pro Stelle (und deren Kosten)
3. Spezifität: Manche erfolgskritischen Stellen sind so schwer zu besetzen – insbesondere, wenn man nicht viele davon besetzt und sich in diesem Segment noch nicht als attraktiver Arbeitgeber etabliert hat. In diesem Fall ist die Besetzung einer solchen Stelle von höherer Priorität, als andere Stellen.
Beispiele: Spezielle Controlling-Positionen, Mitarbeiter im Strategy-Department
Messgrößen: Bewerbungen, Einladungen zum Interview nur auf diese spezielle Stelle
4. Langfristigkeit: Insbesondere, wenn das Thema Fluktuation bei euch wichtig ist, dann solltet ihr manche Kanäle auch hinsichtlich dieser Dimension genauer betrachten. Erfahrungsgemäß werden sich folgende Kanäle vom Durchschnitt unterscheiden: Personalberater, Mitarbeiterempfehlungen, Übernahme von Studenten oder Auszubildenden.
Beispiel: Alle Jobs, bei denen das Thema Fluktuation besonders relevant ist oder aktuelle ein Problem im Unternehmen darstellt.
Messgröße: Durchschnittliche Verweildauer der eingestellten Kandidaten je Kanal im Unternehmen, Anteil eingestellter Kandidaten je Kanal, die nach 5 (oder mehr) Jahren noch im Unternehmen sind.
Man kann also pauschal gar nicht sagen, welche Jobbörse beispielsweise allgemeingültig der beste Recruiting-Kanal ist. Man kann jedoch verschiede Modelle von Recruiting-Kanälen miteinander vergleichen, die am erfolgversprechendsten sind. Der Erfolg von Recruiting-Kanälen hängt jedoch immer auch von medialen Trends und dem gängigen Medienverhalten der konkreten Zielgruppe ab. Vor 30 Jahren wäre möglicherweise die Printausgabe der FAZ die beste Wahl gewesen. Heute spielt Print insgesamt nur noch eine untergeordnete Rolle. Irgendwann kamen die klassischen Jobbörsen mit einem sehr hohen Wachstum, welches jedoch nachgelassen hat und nicht mehr so stark ist, wie früher. Darauf folgte der Hype um Social Media, welcher in Summe nicht abebbt, sondern sich nur verändert. Auf der einen Seite, weil sich immer wieder andere Netzwerke hervortun – oder nutzt ihr noch SudiVz? Auf der anderen Seite ändern sich auch die Methoden der Werbung in sozialen Netzwerken. Erst kamen die Fanpages und heute geht es mehr um Targeting und ‚Sponsored Posts‘. Darauf aufbauend kam eine Entwicklung, die ich persönlich sehr begrüße und bei meinem aktuellen Arbeitgeber sehr gut ansetze: Der Weg von laufzeitorientierten Recruiting-Kanälen zu leistungsorientierten Recruiting-Kanälen. Hier ein kleiner Überblick:
Leistungsorientiert | Laufzeitorientiert |
CPC-basierte Angebote, wie bspw. Indeed | Klassische Jobbörsen, wie Stepstone |
Google – Advertising | Häufig Bannerwerbung |
Facebook-Sponsored Posts |
Welche Formen des leistungsorientierten Recruitings gibt es?
Letzten Endes kann es für jede Form der messbaren Leistung auch ein vertragliches Konstrukt für die Zusammenarbeit im Recruiting geben. Die einfachste und deswegen anfangs auch besonders häufig vorkommende Variante ist ‚Cost-per-Click‘, bei der man einen Preis zahlt für jeden Klick auf eine Stellenanzeige, ein Werbebanner oder ein anderes Werbemittel.
Im deutschen Markt noch nicht etabliert haben sich die Modelle, die noch weiter gehen, bei denen man pro Bewerbung, die so genannte ‚Cost-per-Application‘ oder pro Einstellung, die so genannte ‚Cost-per-Hiring‘ zahlen würde.
Warum sind noch nicht so viele Anbieter leistungsorientiert?
Es gibt meiner Einschätzung nach vier Hauptgründe, warum das Thema noch nicht überall auf dem deutschen Markt angekommen ist und warum beispielsweise noch nicht alle größeren Jobbörsen auf ein solches Modell umgestellt haben.
- Mangelnde technische Standards: Insbesondere, wenn es um ‚Cost-per-Application‘ oder ‚Cost-per-Hiring‘ geht, wird der Markt der leistungsbezogenen Jobbörsen oder Jobsuchmaschinen noch kleiner, als bei ‚Cost-per-Click‘. Dies liegt daran, dass es in Deutschland kaum etablierte Standards gibt, wie solche Daten sauber erhoben werden können. Das macht die Nachvollziehbarkeit nahezu unmöglich. Andere Länder sind hier schon deutlich weiter.
- Lohnender für Jobbörsen: Natürlich ist es aus Sicht von Jobbörsen eine komfortable Situation, wenn man lediglich nach Laufzeit bezahlt wird und im Zweifel auch nicht nach Leistung gemessen wird. Daher ist es aus wirtschaftlicher Sicht durchaus nachvollziehbar, dass manche Jobbörsen vor diesem Schritt zögern und nicht so transparent werden.
- Know-How auf Recruiter-Seite: Da ich viel zum Thema Recruiting Analytics veröffentliche, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen: Das Wissen um solche Themen wie ‚Cost-per-Click‘ o.ä. ist bei vielen Recruitern noch ausbaufähig. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass solche Produkte komplexer zu erklären sind und dadurch schwerer zu verkaufen.
- Technische Komplexität: Es ist für die Anbieter in der Regel technisch deutlich komplexer ein leistungsorientiertes Modell aufzubauen, als ein laufzeitbasiertes Modell.
Warum ist die Zukunft des Recruitings leistungsorientiert?
Es gibt grob gesagt zwei verschiedene Gründe, warum leistungsorientierte Kanäle laufzeitorientierten gegenüber Kanälen grundsätzlich überlegen sind. Auf der einen Seite liegt hier das Thema Preis-Leistung-Verhältnis. In leistungsorientierten Angeboten hat man den Vorteil, nur zu zahlen, wenn auch eine Leistung erfolgt ist. Das ist für 99% der Arbeitgeber ein großer Vorteil.
Daneben hat man bei leistungsorientierten Modellen deutlich mehr Möglichkeiten der Feinjustierung. Wenn es zu wenig Bewerber gibt, kann ich mehr Geld investieren – wenn es wieder genug Bewerber sind, kann ich das Budget wieder kürzen.
Zusammenfassung:
Es gibt verschiedene Betrachtungsmöglichkeiten, ob ein Recruiting-Kanal gut oder schlecht ist. Wichtig ist, dass die Stärken des Kanals zu den eigenen Bedürfnissen und der eigenen Zielgruppe passen müssen. Daneben gibt es allgemeine Trends und Entwicklungen, die aktuell ganz klar dafür sprechen, dass Recruiting-Kanäle mit einem Modell, wie ‚Cost-per-Click‘ oder ‚Cost-per-Application‘ die besten Voraussetzungen haben für Erfolg.