
Der digitale Sektor ist ein Markt, der sich ständig weiterentwickelt. Besonders im Webmarketing kann es durchaus ein lohnendes Karriereziel sein, eine eigene Digitalagentur zu gründen. Es gibt bereits unzählige erfolgreiche Freiberufler*innen und Internetagenturen in diesem Bereich – und es gibt zahlreiche Gründe dafür, sich ihnen anzuschließen: Die Einstiegsbarrieren sind recht niedrig, da es keine hohen Anfangsinvestitionen braucht und natürlich ist es reizvoll, sein eigener Boss zu sein. Und doch halten sich erschreckend viele Unternehmen in diesem Bereich nicht länger als drei Jahre am Markt. Woher kommt dieser klaffende Abstand zwischen Wollen und Wirklichkeit? Dieser Frage wollen wir in diesem Artikel nachgehen und dir aufzeigen, mit welchen sechs Schritten du bei der Gründung deiner Digitalagentur auch langfristig Erfolg haben wirst.
Schritt 1: Ein solides Fundament für dein Projekt
Eine Agentur zu gründen ist kein Kinderspiel. In der Branche herrscht ein großer Wettbewerbsdruck und es ist enorm wichtig, dich von anderen abzuheben. Auch die rechtliche und finanzielle Absicherung kann es in sich haben. Hier gilt es, langfristig zu denken und auch bei Rechts- und Buchhaltungsfragen seriöse und stabile Grundlagen zu schaffen. Oft wird dieser Punkt von Unternehmer*innen unterschätzt: Deine Digitalagentur wird auch dein erster Webmarketing-Kunde (ob das nun ihr Schwerpunkt sein soll oder nicht) und sie fordert dir möglicherweise schon vor Beginn dieses Projekts Fähigkeiten ab, die du noch gar nicht besitzt. Zwei Aspekte sind von besonders großer Bedeutung:
Lass dein Projekt reifen
Als Allererstes: Bloß keine Eile. Nimm dir Zeit zum Nachdenken. Je mehr du dich selbst kennenlernst und deine eigenen Stärken und Schwächen verstehst, desto besser kennst du deine Bedürfnisse und kannst eine gute Basis für dein Gründungsprojekt schaffen. Du bist im Grunde deines Herzens kein Geschäftsmensch? Warum tust du dich nicht mit jemandem zusammen, dem das Verkaufen richtig Spaß macht? Mit Buchhaltung kennst du dich gar nicht aus? Überleg, dir von einer guten Buchhaltungssoftware helfen zu lassen.
Zögere nicht, dir von anderen helfen zu lassen, damit alles vorangeht und auf sicheren Beinen steht. Du wirst in deiner Umgebung immer jemanden finden, der dich beraten kann. Deine Familie, Bekannten, Vertrauten und ersten Kontakte können dir helfen, deine Digitalagentur auf sichere Füße zu stellen. Gleichzeitig sind sie die ehrlichsten Kritiker deines Projekts und werden hoffentlich nicht zögern, dich auf (mögliche wie tatsächliche) Fehler aufmerksam zu machen.
Such dir die passende Hilfe
Du musst akzeptieren, dass du nie die gesamte Wertschöpfungskette beherrschen und in der Hand haben wirst. Also musst du dich unterstützen lassen, und zwar von den Richtigen. Für ein tragfähiges Projekt sollte man sich die Zeit zu nehmen, alles aufzuschreiben – am besten in Form eines Business Plans. Damit kannst du deinen zukünftigen Partnern eine Sicherheit bieten und in manchen Fällen wird er sogar unerlässlich sein. Willst du das am liebsten gleich selbst machen? Dann ran – aber auch hierbei ist eine sorgfältige Vorbereitung unerlässlich. Vernünftige Vorlagen bieten zum Beispiel die IHKs und Gründerberatungen.
Schritt 2: Den Schwerpunkt deiner Digitalagentur festlegen
Der Begriff „Digitalagentur“ ist ziemlich allgemein gehalten und entspricht selten der Realität des Jobs, den du wirklich machen wirst. Denn es gibt ja verschiedene Arten von Agenturen. Häufige Beispiele umfassen:
- Kommunikations-/Marketingagenturen, deren Schwerpunkt auf dem Marken-Image und einer einheitlichen Kommunikation liegt.
- Agenturen von Webentwickler*innen, die sich auf den Aufbau von Websites, Intranets und mobilen Anwendungen spezialisieren.
- Werbeagenturen, die medienwirksame Werbekampagnen erstellen.
- E-Mail-Marketingagenturen, also Profis für Werbestrategien, die auf E-Mails basieren.
Kurz gesagt: Du musst wissen, in welchen Bereich dein spezielles Know-how fällt, und dich entsprechend positionieren, damit deine zukünftigen (potentiellen) Kunden dich finden und richtig einordnen. Ein bisschen was von allem beherrschen zu wollen führt zu nichts und kann sogar im Gegenteil dem Image und der Glaubwürdigkeit deiner Agentur schaden.
Schritt 3: Dein Alleinstellungsmerkmal
Positionierung bedeutet auch Differenzierung. Bei der Gründung einer Digitalagentur definierst du den tatsächlichen Mehrwert, den du deinen Kunden bieten kannst und der dich von deinen Wettbewerbern unterscheidet. Dementsprechend musst du in der Lage sein, die Unterscheidungskriterien deiner zukünftigen Internetagentur zu bestimmen – und dieses Versprechen dann auch zu halten. Die folgenden zwei Webagenturen sind Beispiele dafür, wie solche Alleinstellungsmerkmale aussehen können:
- Die Webmarketing-Agentur UpByWeb setzt ganz offen auf eine privilegierte Kundenbeziehung. Sie besteht aus nur drei Personen und stellt die maßgeschneiderte Begleitung durch erfahrene und zertifizierte Expert*innen in den Vordergrund. Zusätzlich ist die angestrebte Beziehung zu den Kunden in einem ganzen Manifest dargelegt. Für eine Digitalagentur, die sich zugänglich und persönlich präsentieren möchte, ist das ein entscheidendes Unterscheidungsmerkmal.
- Unser zweites Beispiel für eine gelungene Differenzierung – in diesem Fall durch Wissen und Erfahrung – ist die auf die Suchmaschinenoptimierung spezialisierte Internetagentur Eskimoz. Im Gegensatz zu den meisten ihrer Wettbewerber hat Eskimoz sich entschieden, sich ganz auf SEO-Dienstleistungen zu konzentrieren, die sie perfekt beherrschen. Für das 50-köpfige Unternehmen erwies sich dies als Erfolgsstrategie: Eskimoz konnte in 3 Jahren ein Wachstum von 2.000 % hinlegen und erreichte damit in der Finanzzeitung Les Échos den 14. Platz der 500 wachstumsstärksten französischen Unternehmen.
Ein weiteres gutes Beispiel für den Erfolg einer starken Differenzierung ist
. Mittlerweile zählt Sarbacane zu den Marktführern im Bereich der E-Mail-Software, aber angefangen haben sie als E-Mail-Marketing-Agentur. Sarbacane hat diesem Schwerpunkt nie abgelegt und betreut noch heute eine große Kundenzahl auf diesem Gebiet.Kurz gesagt: Wichtig ist nicht, wofür genau du dich entscheidest, sondern dass du es gut und selbstbewusst präsentierst, im Vordergrund hältst und umsetzt.
Schritt 4: Das richtige Werkzeug
Sobald du deine Agentur gegründet hast, sind strategische Entscheidungen an der Reihe. Mit den passenden Tools sicherst du die Qualität deiner Arbeit, optimierst über das Zeitmanagement deine Produktivität und gestaltest deine Arbeit effizienter. Dabei kommst du jedoch nicht umhin, Prioritäten zu setzen: Wie hoch ist dein Budget und was sind deine unmittelbaren Bedürfnisse?
Nehmen wir ein einfaches Beispiel. Du gründest eine Agentur, die sich zunächst auf Traffic und SEO konzentriert. Dabei steht außer Frage, dass du semantische Analysen nicht von Hand durchführen wirst. Je stärker dein Unternehmen und seine Kompetenz wachsen, desto mehr Lizenzen für SEO-Tools wie SEMRush, Monitorank, Myposeo, Ahref oder Majestic SEO schaffst du dir an.
Neben den fachlichen Tools darfst du aber auch gute Software für das Management deiner täglichen Arbeit nicht vergessen: CRM, Buchhaltung, Ausschreibungen, Personalverwaltung … Spare nicht an der falschen Stelle! Wenn eine Software für 100 € dir jeden Monat einen Tag Arbeit spart, kann das sehr profitabel sein (rechne mal aus, was dir 7 zusätzliche Produktionsstunden zu deinem Stundensatz einbringen). Zwar ist es wie gesagt möglich, ohne große Anfangsinvestitionen eine Digitalagentur zu gründen, aber man darf diese Kosten, die häufig vergessen werden, dennoch nicht unterschätzen.
Schritt 5: Arbeitsabläufe festlegen
Dieser Punkt gehört zu den wichtigsten Aspekten für den langfristigen Erfolg deiner Internetagentur und er hilft vielen Agenturen dabei, die Wachstumskrise zu überstehen. Sorgfältig definierte Arbeitsabläufe sparen dir später viel Zeit und Nerven. Gleichzeitig kannst du so einen kontinuierlichen und wertvollen Austausch mit allen Beteiligten schaffen. Prozesse in kurzer Zeit definieren zu können ist die beste Methode, um die Entwicklung deines Unternehmens auch langfristig zu unterstützen. Egal ob intern oder extern: Festgeschriebene und etablierte Prozesse sorgen für ein besseres Verständnis als nicht näher bestimmte Abläufe. Auch auf den Arbeitsbeginn deiner ersten Mitarbeiter*innen bist du so gut vorbereitet und kannst der Zukunft gelassen entgegensehen. Prozesse lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen:
Interne Prozesse
Als Erstes solltest du deine internen Prozesse überdenken. Es ist wichtig, dass alle Personen in deiner Digitalagentur (unabhängig von ihrer Größe) wissen, was ihre Rolle und ihre Aufgaben sind und welche Funktion andere innehaben. Auch für das Projektmanagement und die Kommunikation zwischen den verschiedenen Teammitgliedern müssen Prozesse definiert werden.
Externe Prozesse
Hier geht es um Prozesse, die deine Kunden betreffen, um den Austausch, Rechenschaft und zu erbringende Leistungen. Die Kommunikation zwischen deiner Digitalagentur und deinen Kunden ist ein zentraler Faktor zur Sicherung einer konstanten Servicequalität und der Vermeidung von Unstimmigkeiten. Häufig bietet sich dir auch genau hier eine Möglichkeit, um dich von der Konkurrenz abzuheben: Gib deinen Kunden die Gewissheit, dass bei eurer Zusammenarbeit die größtmögliche Klarheit und Transparenz im Zentrum stehen werden.
Schritt 6: Ein gutes Verhältnis zwischen Produktivität und Vermarktung
Bei diesem letzten wichtigen Punkt geht es darum, ein stimmiges Verhältnis zwischen der direkt gewinnorientierten Arbeit für deine Kunden und dem Marketing für dein eigenes Unternehmen aufrechtzuerhalten. Nie sollte das eine zugunsten des anderen auf der Strecke bleiben. Denk dran: Deine Agentur ist dein erster (und wichtigster) Kunde! Eine gewisse Mindestzahl an qualifizierten Leads, auf die du zurückgreifen kannst, brauchst du immer.
Bewirb deine Digitalagentur kontinuierlich
Wenn du erste Aufträge hast, passiert es verständlicherweise schnell, dass du diesen Priorität einräumst und die Selbstvermarktung ins Hintertreffen gerät. In der Welt der B2B-Dienstleistungen kann es jedoch bis zum Vertragsabschluss manchmal eine ganze Weile dauern. Und dann noch einmal, bis das Geld auch tatsächlich eintrudelt. Wenn du kein aktives Marketing mehr betreibst, riskierst du, keine Leads mehr zu generieren und nur noch von deinen Bestandskunden zu leben. Dieses Risiko ist im Falle des Verlusts eines Kunden sehr hoch, denn es ist schließlich möglich, dass dieser Kunde einen ziemlich hohen Teil deines Umsatzes ausmacht. Umso wichtiger ist es, die eigenen Marketingaktivitäten nie ganz einschlafen zu lassen. Es empfiehlt sich, mithilfe eines CRM-Systems kontinuierlich mit (potentiellen) Kunden in Kontakt zu bleiben. Vergleich die besten CRM-Systeme miteinander und überlege, was deinen Anforderungen am besten entspricht.
Erfolgsfaktor Cross-Channel-Marketing
Wie alle Unternehmen solltest du auch deine Digitalagentur über verschiedene Kanäle bewerben. Erweitere dein Netzwerk, entwirf Printdokumente und arbeite an deiner Präsentation und deinem Webauftritt: All das sind gute Startpunkte, um dein Unternehmen bekannter zu machen. Kurioserweise vermarkten Digitalagenturen sich selbst nur selten optimal im Internet – dabei ist es genau das, was sie tagtäglich verkaufen werden. Ein Sprichwort sagt: „Der Schuster trägt die schlechtesten Schuhe.“ Leider ist da bei Internetagenturen manchmal durchaus was dran. Sei dein eigener Botschafter und nutze deine Website als Beweis für deine Fähigkeiten. So ist dein eigenes Unternehmen dein erstes Fallbeispiel.
Bonus: Die eigene Arbeitgebermarke stärken und talentierte Köpfe anziehen
Beim Stärken deiner Arbeitgebermarke geht es nicht mehr wirklich um einen Schritt zur Gründung deiner Agentur. Nichtsdestotrotz ist es ein wichtiger Faktor für deinen langfristigen Erfolg. Egal wie sich deine Agentur entwickelt: Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind es, die ihr ihren Wert geben. Also liegt es an dir, talentierten Expert*innen die Arbeit bei dir schmackhaft zu machen. Du bewegst dich in einem Milieu, in dem die Mentalität „cooler“ Startups im amerikanischen Stil das Denken bestimmt und in der du die Frage der Personalbeschaffung nicht einfach nebenherlaufen lassen kannst. Du musst also mehr versprechen als nur eine Arbeitsstelle: eine Arbeitsumgebung, die den Erwartungen der Branche entspricht. Dabei geht es auch darum, die Vision zu verkaufen, die dich zur Gründung deiner Agentur gebracht hat, und sie für potentielle Kandidaten attraktiv zu machen.
Vergiss nicht, deinen Expert*innen eine ständige Weiterentwicklung zu ermöglichen. Lass ihnen viel Zeit dafür, sich mit ihren Spezialgebieten zu beschäftigen. Dazu gehört auch das Anbieten von tiefgehenden Web-Weiterbildungen zur Stärkung ihrer Kompetenzen.
Bist du bereit, deine Digitalagentur zu gründen?
Eine Agentur zu gründen ist nicht so einfach, wie es anfangs scheinen mag – das ist dir sicherlich klar geworden. Es gibt viele Schlüssel zum Erfolg, und nicht alle davon sind leicht zu finden. Das Wichtigste bei alledem ist: Stell den Menschen in den Mittelpunkt deines Unternehmens – dich selbst, deine Partner, deine Angestellten und natürlich deine Kunden. Austausch, gegenseitiges Verständnis und allseitiges Einvernehmen bilden die beste Grundlage für dein Wachstum.
Schreib uns gerne einen Kommentar und erzähl uns deine Gedanken!
ZUM AUTOR

Maxime Ben Bouaziz ist Spezialist für Inbound Marketing und Growth Hacking. Er begleitet seit 6 Jahren Unternehmen, Startups, KMU und Großunternehmen bei der Entwicklung ihrer digitalen Strategien. Über die von ihm gegründete Plattform La Pousse Digitale möchte er in Form von Artikeln und Hintergrundinformationen die Schlüssel zu einem effektiven Webmarketing bieten.