
Das Thema Wohlbefinden am Arbeitsplatz ist ein weites Feld und die berufliche Motivation gehört zweifelsohne zu den wichtigsten Aspekten. Entsprechend viele Manager und Führungskräfte stehen immer wieder vor genau dieser Frage: Wie motiviere ich Mitarbeiter? So einfach die Frage auch scheint, so kompliziert ist die Antwort. Es gibt eine Menge Theorien zu dem Thema, aber wie können Führungspersonen in der Praxis ihre Mitarbeiter motivieren, damit sie auch gute Leistungen erbringen? Auch wenn man kein Team zu leiten hat, bleibt das Problem im Grunde dasselbe: Wie motiviere ich mich selbst, als mein eigener Chef? In diesem Artikel stelle ich drei Geheimnisse von Führungskräften vor, die bei der Mitarbeitermotivation Erfolg haben.
Die Selbstbestimmungstheorie und ihre Bedeutung für die Mitarbeitermotivation
Seit Jahrzehnten gehört das Thema Motivation zu den wichtigen Forschungsgebieten in Psychologie, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Betriebswesen und anderen Fachbereichen. Dabei sind zahlreiche Theorien entstanden und besonders die Selbstbestimmungstheorie der amerikanischen Psychologieprofessoren Edward L. Deci und Richard M. Ryan hat sich einen Namen gemacht. Dieser Theorie zufolge hängt die Motivation eines Individuums stark vom Grad seiner Selbstbestimmung ab. Eine selbstbestimmte Motivation hat außerdem weitere positive Auswirkungen auf die Person, beispielsweise auf ihr Wohlbefinden, Engagement, Leistung und mehr. Wer selbstbestimmt motiviert ist, fühlt sich frei in seinen Entscheidung, während Personen mit „kontrollierter“ Motivation das eigene Verhalten als Ergebnis von äußerem Druck wahrnehmen.
Man kann sich also denken, wie stark es sich auf die Mitarbeitermotivation auswirkt, wie Menschen Ziele erreichen und auf Ergebnisse hinarbeiten: Fühlen sie sich bei ihren (privaten wie beruflichen) Projekten frei oder fühlen sie sich von anderen eingeschränkt?
Die Selbstbestimmungstheorie geht von drei Haupt-Motivationstypen aus, die stufenweise betrachtet werden können:
Berufliche Amotivation
Amotivation ist der völlige Mangel an Motivation. Warum gilt sie also als Typ der Motivation? Die Amotivation betrifft alle automatischen Verhaltensweisen und Gewohnheiten, mit denen Menschen eine Aufgabe bearbeiten. Sie ist quasi die Nulllinie, wenn es darum geht, wie nützlich jemand eine Aufgabe findet oder wie groß sein Interesse an ihrer Durchführung ist. Das ist das klassische Beispiel eines Angestellten, der roboterhaft die ihm zugeteilten Aufträge ausführt und dabei glaubt, seine Bemühungen seien nutzlos und er würde die gesetzten Ziele nie erreichen, da sie ohnehin viel zu hoch seien oder er nicht die nötigen Fähigkeiten besitzt. Amotivation kann schnell entstehen, wenn eine Mitarbeiter alle Kontrolle entzogen wird und er oder sie die Folgen des eigenen Handeln nicht mehr voraussehen kann.
Extrinsische berufliche Motivation
An dieser Stelle reden wir de facto von Zuckerbrot und Peitsche: Beides sind extrinsische Motivationsfaktoren. Diese Art Motivation kommt ins Spiel, wenn wir eine Aufgabe durchführen, weil wir etwas aus unserer Umgebung erhalten oder vermeiden möchten.
Das kann eine Belohnung sein oder etwas, das uns Befriedigung oder Anerkennung verschafft, wie eine Beförderung, ein sozialer Status oder eine gute Note in der Schule. Aber auch das Vermeiden von Strafen, Sanktionen oder Zurechtweisungen ist eine extrinsische Motivation.
Wenn du beispielsweise
- mit Hochdruck daran arbeitest, eine wichtige Angelegenheit vor Ablauf der Frist abzuschließen, weil dich bei Erreichen dieses Ziels ein Bonus erwartet, ist deine Motivation extrinsisch.
- Wenn du langsamer fährst, weil auf der Autobahn ein fest installierter Blitzer angekündigt wurde, ist deine Motivation ebenso extrinsisch.
Intrinsische berufliche Motivation
Diese Art der Motivation geht mit dem höchsten Grad an Selbstbestimmung einher. Intrinsisch motivierte Personen erfüllen eine Aufgabe nur aus Freude an der Aufgabe selbst – freiwillig, ohne externen Druck und ohne, dass sie eine irgendwie geartete Belohnung erwarten können.
Meist ist es die intrinsische Motivation, die Sportler dazu bringt, beim Training zu „leiden“, Künstler sich stundenlang in die Vollendung eines Werks vertiefen lässt und Ehrenamtliche zur aktiven Arbeit in einer Vereinigung bringt. Allen ist ein Gefühl der Kontrolle über das, was sie tun, gemeinsam, und auch die Ergebnisse können sie beeinflussen. Sie nutzen ihre Fähigkeiten voll aus und sehen einen Sinn in ihrem Handeln.
Die drei Geheimnisse von Führungskräften, die wissen, wie man Mitarbeiter motiviert und welche Werkzeuge dabei helfen, basieren genau auf diesen drei Faktoren. Ihnen gemeinsam ist die Erfüllung dreier grundlegender Bedürfnisse im Unternehmen:
- Das Bedürfnis nach Autonomie
- Das Bedürfnis nach Kompetenz
- Das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit
Mitarbeitermotivation durch Autonomie
Bei der Autonomie geht es kurz gesagt um das Bedürfnis, sich als Urheber des eigenen Handelns zu empfinden.
Warum ist das Bedürfnis nach Autonomie so wichtig dafür, wie man Mitarbeiter motiviert?
Führungskräfte, die die Autonomie ihrer Mitarbeiter fördern, zeigen ihnen damit auch Anerkennung für ihr Verantwortungsbewusstsein, ihre Kreativität und ihre Bedeutung für das Unternehmen. Diese drei Elemente basieren auf einem der Grundpfeiler aller privaten und professionellen Beziehungen: dem Vertrauen.
Wie erfüllt man das Bedürfnis nach Autonomie der Mitarbeiter?
Initiativen fördern
Mitarbeiter sind umso motivierter, ihre Aufgaben zu erfüllen, je stärker sie selbst die Initiative ergreifen können. Ihre Kreativität wird angeregt und sie nehmen sich selbst als bedeutend für die positive Entwicklung des Unternehmens wahr. Zu den größten Feinden der beruflichen Motivation gehört das Gefühl, ein Bauer auf dem Schachbrett zu sein.
Vertrauen stärken
Vertrauen hat eine fast magische Eigenschaft: Es vermehrt sich, wenn man es teilt. Wenn im Zentrum der Beziehung zwischen Führungskräften und Mitarbeitern das Vertrauen steht, entsteht fast automatisch eine Aufwärtsspirale.
Fehler zulassen
Wenn Autonomie fehlt, liegt das manchmal nur daran, dass Mitarbeiter sich gehemmt fühlen. Eine Unternehmensführung, die auf immer perfekte Ergebnisse abzielt und jegliche Fehler bestraft, ist in Bezug auf die berufliche Motivation zum Scheitern verurteilt. Die Strategie kann zwar kurzfristig funktionieren, aber langfristig bietet sie keinerlei Vorteile. In seinem hervorragenden Buch „ Les décisions absurdes: Comment les éviter“ (leider bisher nur auf Französisch erhältlich; zu Deutsch etwa: „Absurde Entscheidungen“) spricht Christian Morel in diesem Zusammenhang von der Nichtbestrafung unbeabsichtigter Fehler.
Mitarbeitermotivation durch Kompetenz
Das Bedürfnis nach eigener Kompetenz ist erfüllt, wenn Mitarbeiter sich befähigt fühlen, Aufgaben unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade kompetent und zielsicher auszuführen.
Warum ist das Bedürfnis nach Kompetenz so wichtig dafür, wie man Mitarbeiter motiviert?
Indem Führungskräfte ihren Angestellten die Möglichkeit bieten, tatsächlich kompetent und eigenständig zu handeln, ermöglichen sie ihnen damit auch ein Flow-Erleben bei der Arbeit. Der Flow wurde ursprünglich vom ungarischen Psychologieprofessor Mihály Csíkszentmihályi beschrieben und bezeichnet das glückliche Gefühl, sich in eine Tätigkeit zu vertiefen und voll und ganz in ihr aufzugehen.
Wenn etwas für jemanden eine große persönliche Herausforderung darstellt und die Person gleichzeitig über alle nötigen Fähigkeiten für die Aufgabe verfügt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie bei der Erledigung der Aufgabe diesen optimalen mentalen Zustand erreicht.
Wie erfüllt man das Bedürfnis nach Kompetenz der Mitarbeiter?
Gib deinen Mitarbeitern Aufgaben, bei denen das Verhältnis zwischen der Schwierigkeit der Aufgabe sowie den für die Lösung vorhandenen Kompetenzen ausgewogen ist.
Wenn die Herausforderung für die Betreffenden zu groß ist, besteht das Risiko, dass sie sofort in eine Stresssituation geraten, nervös werden und dadurch jegliche Motivation verlieren.
Wenn die Herausforderung hingegen zu gering ist und nicht den wahren Fähigkeiten entspricht, werden sie sich wahrscheinlich langweilen – und auch dann ist die Motivation schnell gleich null.
Mitarbeitermotivation durch soziale Zugehörigkeit
Der Mensch hat das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit und danach, sich von anderen unterstützt und mit ihnen verbunden zu fühlen. Das gilt natürlich auch für Kollegen, Vorgesetzte und Untergebene.
Warum ist das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit so wichtig dafür, wie man Mitarbeiter motiviert?
Schon Aristoteles hat den Menschen als soziales Wesen bezeichnet. Wer den Zusammenhalt zwischen seinen Mitarbeitern stärkt, sorgt dafür, dass sie sich über ihre alltäglichen Aufgaben hinaus miteinander verbunden fühlen und einander vertrauen. Sie entwickeln einen gewissen Stolz darauf, einer Gruppe zuzugehören, mit der sie bestimmte Werte teilen.
So wie wir schon vor unserer Geburt mit unserer Mutter verbunden waren und von ihr genährt wurden, entwickelt sich diese grundlegende, primäre Bindung im Laufe unseres Lebens weiter und nimmt in unseren Verbindungen mit anderen neue Formen an. Die Beziehungen innerhalb eines Unternehmens bilden da keine Ausnahme. Auch sie nähren unsere sozialen Bedürfnisse.
Wie erfüllt man das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit?
Integrationsrichtlinien erstellen
Schon der Moment der Ankunft eines neuen Mitarbeiters im Unternehmen spielt für die soziale Zugehörigkeit eine Rolle. Begleite den neuen Mitarbeiter während seiner ersten Wochen, sodass er sich nicht alleingelassen, sondern von anderen wahrgenommen und unterstützt fühlt. Nach und nach findet er so einen Platz im Unternehmen, der auch von anderen als sein Platz wahrgenommen wird. Das Gefühl, am richtigen Platz zu sein, ist für die eigene Lebenszufriedenheit von grundlegender Bedeutung.
Schaffe Übereinstimmung zwischen transportierten und gelebten Werten
Sich zu einem Unternehmen zugehörig zu fühlen bedeutet auch, dass wir mit ihm die Werte teilen, die uns selbst wichtig sind. Angestellte, deren eigene Werte mindestens teilweise mit denen des Unternehmens übereinstimmen, sind in der Arbeit für das Unternehmen gleich viel motivierter.
Dazu können Unternehmen beispielsweise beitragen, indem sie Mitarbeiter über soziale Netzwerke dazu einladen, mitzuteilen, hinter welchen Werten und Informationen sie stehen – am besten organisiert mit der passenden Software. Auch Intranet-Software kann nützlich sein, um alle Mitarbeiter zu Neuigkeiten und Werten, die sie betreffen, auf dem Laufenden zu halten.
Einer der größten Fehler, den Unternehmen begehen können, besteht darin, bestimmte Werte öffentlich zur Schau zu stellen, aber intern genau das Gegenteil zu tun. So etwas sorgt garantiert dafür, dass Motivation verloren geht oder die Angestellten sich sogar am Arbeitsplatz unwohl fühlen. Sie nehmen die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit wahr und verlieren das Vertrauen in ihr Unternehmen – und wie wir bereits gesehen haben, lässt sich Motivation ohne gegenseitiges Vertrauen nicht lange aufrechterhalten.
Interaktionen schaffen
Plane Info-Veranstaltungen, Momente des Austauschs und Events, die den Zusammenhalt stärken. So kannst du die Interaktion zwischen deinen Mitarbeitern zu fördern und ein Gefühl sozialer Zugehörigkeit zu schaffen. Nur durch regelmäßige Interaktionen auch abseits der eigentlichen Arbeitsaufgaben können sich stabile Bindungen zwischen den Mitarbeitern entwickeln. Die beinahe sprichwörtliche Plauderei an der Kaffeemaschine ist ein perfektes Beispiel für kleine, aber wichtige Augenblicke des Austauschs im Arbeitsalltag. Auch wenn man das Ganze nicht zu utilitaristisch angehen sollte, können auch Softwarelösungen zur Messung der Mitarbeiterzufriedenheit durchaus nützlich sein.
Auch wenn es von der Unternehmensleitung gefördert werden sollte, fällt die Schaffung eines Zusammengehörigkeitsgefühls natürlich auch in den Verantwortungsbereich der Mitarbeiter. Wer sich als Einzelgänger gibt und Interaktionen mit anderen vermeidet, wird länger brauchen, um sich im Team zu integrieren. Jede Beziehung ist schließlich wie ein Band, das auf beiden Seiten von Menschen gehalten wird. Jede Person ist für die eigene Seite verantwortlich – und nicht dafür, dass das Gegenüber seine nicht loslässt.
Mitarbeiter motivieren: Ein Fazit
Die Motivation im Beruf ist ein sehr vielfältiges Themenfeld, das schon unter den unterschiedlichsten Gesichtspunkten erforscht wurde. Seit der industriellen Revolution sind zahlreiche Theorien entstanden und Führungskräfte interessieren sich immer stärker für die Frage, wie sie Mitarbeiter motivieren können.
Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan zeigt dabei, wie wichtig die Selbstbestimmung des Einzelnen für die Motivation ist: Wer über eine hohe Selbstbestimmung verfügt, die von internen Stimuli genährt wird (wie Autonomiegefühl, Mobilisierung von Fähigkeiten, sozialer Zugehörigkeit und der Erledigung sinnvoller Aufgaben), profitiert von intrinsischer Motivation. Wenn der Grad der Selbstbestimmung niedriger ist und von externen Stimuli geleitet wird (Belohnungen, Gehalt, Strafen oder Kritik), sprechen wir von extrinsischer Motivation. Wenn nahezu gar keine Selbstbestimmung vorhanden ist und Mitarbeiter nur noch wie ein Roboter „funktionieren“, wobei sie unter ständiger Kontrolle sind und keinen Sinn in ihren Aufgaben sehen („bullshit jobs“), kann ein Zustand der Amotivation eintreten.
Führungskräfte, die erfolgreich ihre Mitarbeiter motivieren, wissen um die Bedeutung der internen Motivation und tun alles, um die drei wichtigsten Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter zu erfüllen:
- Autonomie: Sich als Urheber des eigenen Handelns empfinden.
- Kompetenz: Sich befähigt fühlen, Aufgaben unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade kompetent und fähig auszuführen.
- Soziale Zugehörigkeit: Sich von anderen unterstützt und mit ihnen verbunden fühlen.
Und du? Weißt du, warum du tust, was du tust? Woher gewinnst du deine berufliche Motivation? Wenn du selbst Führungskraft bist: Wie förderst du die Motivation deiner Mitarbeiter? Wenn du freiberuflich arbeitest: Wie motivierst du dich selbst im Alltag?
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ZUM AUTOR

Christophe Peiffer ist leidenschaftlicher Unternehmer und in zahlreichen Gebieten bewandert: Seit 1997 Krankenpfleger in der Psychiatrie, seit 2009 professioneller Coach und seit 2011 Autor eines Blogs zu zwischenmenschlichen Beziehungen. Sein ungewöhnlicher Werdegang ermöglicht es ihm, heute andere dabei zu begleiten, ihr Leben (wieder) selbst in die Hand zu nehmen, insbesondere nach einem Burnout.