Was sind Vertrauensarbeitszeiten, welche Vor- und Nachteile haben sie und wie kann man sie mit der Zeiterfassungspflicht und Zeiterfassungssystemen kombinieren? 

Vertrauensarbeitszeit: Vor- und Nachteile und Definition

Flexibilität ist heutzutage das Schlagwort der Stunde, auch beim Thema Arbeitszeiten: Flexible Arbeitszeitmodelle, oft in Kombination mit Hybrid- und Remote-Arbeit, werden immer stärker zur Normalität. Eines dieser Modelle, von denen Unternehmen genau wie ihre Angestellten profitieren können, ist die Vertrauensarbeitszeit. 

Was ist Vertrauensarbeitszeit? Eine Definition

Bei der Vertrauensarbeitszeit (auch Vertrauensgleitzeit genannt) ist nicht im Voraus festgelegt, von wann bis wann die Angestellten arbeiten, sondern sie können dies in einem gewissen Rahmen frei entscheiden – Hauptsache, sie erledigen alle vereinbarten Aufgaben. Ziele sind dabei eine höhere Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und Produktivität. Der Fokus liegt bei diesem Arbeitszeitmodell also auf dem, was die Mitarbeitenden leisten, nicht auf ihrer zeitlichen Präsenz, und auf einer Vertrauens- statt Kontrollkultur. Meist ist es allerdings nicht so, dass die Angestellten auch entscheiden können, wie lange sie insgesamt arbeiten: Das Gesamtvolumen der wöchentlich oder monatlich zu leistenden Arbeitszeit bestimmt weiterhin der Arbeitgeber, aber den Mitarbeitenden steht es frei, wie sie diese Stunden verteilen und wann sie den Arbeitstag beginnen und beenden. Oft können sie dabei ihren Arbeitsort frei wählen. In manchen Unternehmen werden bestimmte Zeitblöcke als Kernarbeitszeit festgelegt, in denen alle Teammitglieder (physisch oder virtuell) anwesend sein müssen: So gibt es genügend Zeit für Gespräche und Begegnungen und der Zusammenhalt im Team wird gestärkt.

Bei alledem müssen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden: Täglich darf maximal 8 Stunden gearbeitet werden (bzw. 10 Stunden, wenn innerhalb von 24 Wochen durchschnittlich 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden), nach 6 Stunden sind mindestens 30 Minuten Pause und nach 9 Stunden 45 Minuten Pause einzulegen und zwischen zwei Arbeitstagen muss eine Ruhezeit von mindestens 11 Stunden liegen. Die Regelungen für die Vertrauensarbeitszeit sollten vom Unternehmen in einer Betriebsvereinbarung oder im individuellen Arbeitsvertrag der Mitarbeitenden festgelegt werden.

Vertrauensarbeitszeit: Vor- und Nachteile

Vorteile der Vertrauensarbeitszeit

Viele Angestellte mit festen Arbeitszeiten kennen das Erlebnis, die letzten Minuten (oder gar Stunden) des Arbeitstages relativ tatenlos abzusitzen, weil gerade nichts mehr zu tun ist oder es sich nicht mehr lohnt, mit einer neuen Aufgabe zu beginnen. Und auch an Tagen, an denen so viel zu tun ist, dass die acht Stunden kaum reichen, wird es kaum jemandem von uns gelingen, in jeder Minute dieser Zeit hoch produktiv zu arbeiten. Studien zu der Frage, wie lange wir am Tag wirklich konzentriert und produktiv arbeiten können, kommen zu unterschiedlichen Antworten. Doch eines ist klar: Acht Stunden sind es nicht, sondern eher fünf – oder vielleicht sogar nur drei. Manche Unternehmen haben aus ebendiesem Grund bereits die tägliche Arbeitszeit von acht Stunden auf sieben, sechs oder gar fünf Stunden reduziert.

Das Modell der Vertrauensarbeitszeit denkt diesen Gedanken noch weiter und sagt: Wichtig ist nicht, wie viele Stunden jemand am Arbeitsplatz ist, sondern ob die Person in dieser Zeit alles Nötige erledigt bekommt – und streng kontrolliert zu werden macht uns meist nicht produktiver, sondern sorgt nur für Stress. Seit durch die COVID-19-Pandemie immer mehr Menschen hybrid oder komplett im Homeoffice arbeiten, sind solche Überlegungen besonders relevant. Nicht nur wird es in solchen Konstellationen ohnehin schwieriger (und für alle Beteiligten anstrengend), genau zu kontrollieren, wie lange jemand arbeitet, sondern auch die Wahrnehmung von Arbeitszeiten hat sich geändert. Viele Arbeitgebende haben realisiert, dass Vertrauen statt Kontrolle zu einem besseren Arbeitsklima führt und meist sehr gut funktioniert, und für viele Angestellte sind flexible Arbeitszeiten ein zentrales Kriterium bei der Suche nach einem neuen Job.

Arbeitgebende können ihr Unternehmen durch Vertrauensarbeitszeiten attraktiver machen und für mehr Motivation und Zufriedenheit sorgen. Außerdem sind viele Angestellte produktiver, je selbstbestimmter sie arbeiten können. Nicht nur Arbeit und Freizeit, sondern auch Arbeit und Familie lassen sich durch die Vertrauensarbeitszeit besser vereinbaren: Termine wie etwa ein Besuch beim Kinderarzt am Vormittag lassen sich nun besser im Arbeitsalltag unterbringen. Ein weiterer Vorteil: Angestellte lernen, selbständiger und unternehmerischer zu denken und aktiver Verantwortung für ihre Aufgaben zu übernehmen.

Nachteile der Vertrauensarbeitszeit

Unternehmen müssen darauf achten, dass sie gesetzliche Grundlagen und Arbeitsschutzregelungen einhalten: Wie sorgen sie dafür (und weisen nach), dass ihr Personal die Höchstarbeitszeiten, Ruhe- und Pausenzeiten sowie die Sonn- und Feiertagsruhe einhält? Wie werden Nacht- und Schichtarbeit geregelt? Wie werden Überstunden erfasst und ausgeglichen? Vertrauensarbeitszeiten bergen die Gefahr, dass Personen länger arbeiten, als es in ihrem Arbeitsvertrag festgelegt wurde. Umso wichtiger ist es, dass die Arbeitszeiten genau erfasst und dokumentiert werden, damit niemand unbezahlte Überstunden macht. Sonst kann es passieren, dass lange Arbeitstage nicht als Überstunden ausgeglichen bzw. ausbezahlt werden: Während die Angestellten ihren Arbeitstag in Zeiten mit niedriger Arbeitslast früh beenden können, wird meist erwartet, dass sie bei einem hohen Arbeitsaufkommen entsprechend länger arbeiten. Mehrarbeit und Überlastungssituationen werden unter Umständen weniger schnell wahrgenommen oder Mitarbeitende fühlen sich unter Druck, besonders viel zu leisten. Hier muss also darauf geachtet werden, dass die Arbeitszeiten sorgfältig dokumentiert werden und durch Regelungen festgelegt ist, wann jemand z. B. nicht mehr erreichbar sein muss und endgültig Feierabend hat.

Außerdem macht die Vertrauensarbeitszeit den Arbeitsalltag nicht unbedingt für jede Person leichter: Wem das Zeitmanagement eher schwer fällt, kann es als belastend empfinden, für die Gestaltung des eigenen Arbeitstags plötzlich selbst verantwortlich zu sein. Besonders am Anfang sollten Vorgesetzte ein Auge darauf haben, ob es allen Angestellten gut gelingt, ihre Arbeit zu planen und Fristen einzuhalten, oder ob manche von ihnen zusätzliche Unterstützung benötigen. Eine weitere Schwierigkeit kann darin liegen, dass Teammitglieder untereinander weniger gut erreichbar sind als zuvor und die Abstimmung mit anderen nicht mehr so einfach ist.

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

Seit Ende letzten Jahres liegt die vollständige Urteilsbegründung des Bundesarbeitsgerichts vor: Arbeitgeber sind seit diesem Zeitpunkt verpflichtet, ein System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen. Mit diesem System müssen sie Folgendes erfassen: 

  • Beginn der Arbeitszeit
  • Ende der Arbeitszeit
  • Dauer der Arbeitszeit
  • Überstunden

Für Angestellte hat die Arbeitszeiterfassung den Vorteil, dass auch Überstunden erfasst und bezahlt bzw. ausgeglichen werden, was Fairness zwischen den Angestellten schafft. Ansonsten passiert es schließlich schnell, dass Mitarbeitende, die mehr Arbeit haben und Überstunden leisten, nicht angemessen vom Arbeitgeber entlohnt oder geschätzt werden.

Für Unternehmen dagegen bringt die Zeiterfassung den Vorteil einer leichteren Lohnbuchabrechnung. Dies ist besonders für große Unternehmen eine große Erleichterung. Zudem kann das Unternehmen Personal besser einplanen, da zeitliche Kapazitäten sichtbar werden, und die Einhaltung der Arbeits- und Pausenzeiten nachweisen. 

Vertrauensarbeitszeit und Arbeitszeiterfassung: Was ist zu beachten?

Seit die Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit eingeführt wurde, stellt sich für viele die Frage, ob Vertrauensarbeitszeit denn nun noch möglich ist. Das ist sie – doch es gibt dabei ein paar Dinge zu beachten. Das Bundesarbeitsgericht räumt explizit die Möglichkeit ein, die Zeiterfassung den Arbeitnehmenden zu überlassen, auch wenn die Pflicht zur Zeiterfassung nicht vollständig und ohne jede Prüfung auf diese abgewälzt werden darf: Es ist „nicht ausgeschlossen, die Aufzeichnung der betreffenden Zeiten als solche an die Arbeitnehmer zu delegieren“. Dabei muss der Arbeitgeber allerdings sicherstellen, dass die Arbeitszeiten korrekt erfasst werden – und zwar seit dem EuGH-Urteil nicht nur Überstunden, sondern auch normale Arbeitsstunden.

Auch wenn sie die Vertrauensarbeitszeit möglicherweise komplizierter macht, müssen Unternehmen die Zeiterfassungspflicht nicht als Nachteil sehen: Digitale Zeiterfassungssysteme können für Unternehmen ohnehin sehr nützlich sein, etwa um den Zeitaufwand für Projekte im Detail zu überblicken, Aufwandsschätzungen und Prognosen für die Zukunft zu stellen oder Abrechnungen für Kundenprojekte zu erstellen. Eine genau geregelte und transparente Zeiterfassung hat nebenbei den Vorteil, dass das Vertrauen zwischen Unternehmen und Angestellten gestärkt und für Fairness gesorgt wird. Am besten funktioniert das, wenn Unternehmen nicht auf ungenaue Stundenzettel in Tabellenkalkulationen setzen, sondern sich direkt für professionelle digitale Tools zur Zeiterfassung entscheiden.

Vertrauensarbeitszeiten: Ein Fazit

Als Fazit lässt sich festhalten: Für viele Unternehmen und Angestellte überwiegen die Vorteile der Vertrauensarbeitszeit ihre Nachteile und sie kann für eine vertrauensvollere und produktivere Zusammenarbeit sorgen, die den individuellen Arbeitsweisen der Angestellten gerechter wird. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Einführung der Vertrauensarbeitszeit – genau wie bei allen anderen Arbeitszeitmodellen – gut durchdacht und auf Basis der aktuellen Arbeitszeitgesetze geregelt wird. Dabei hilft eine konsequente Arbeitszeiterfassung dabei, alle Vorschriften einzuhalten und durch Transparenz für Fairness, Vertrauen und ein gutes Arbeitsklima zu sorgen.

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