Die Preissteigerung aufgrund der Inflation macht sich bei Verbrauchern bemerkbar: 81 % der deutschen Verbraucher haben ihr Konsumverhalten in der Inflation angepasst. Was haben sie angepasst, wovon kaufen sie weniger und wie wünschen sie sich, dass Unternehmen reagieren?
Die Inflationsrate in Deutschland lag im März 2023 im Vergleich zum Vorjahresmonat bei +7,4 %. Im Januar und Februar 2023 lag sie jeweils noch bei +8,7 %. Die Inflationsrate hat sich leicht abgeschwächt, bleibt jedoch weiterhin auf hohem Niveau. Wie vorbereitet sind Verbraucher auf eine mögliche Rezession und welche Ausgaben reduzieren sie während der hohen Inflation als erstes? Dies und mehr untersucht eine neue Capterra Studie mit 1002 Verbrauchern aus Deutschland zur Veränderung des Verbraucherverhaltens. Die Studie wurde auch in Frankreich, Italien, Spanien, UK und den Niederlanden durchgeführt. Die vollständige Studienmethodik befindet sich am Ende des Artikels.
Das Phänomen der Shrinkflation
Besonders bei Energie und Nahrungsmitteln erhöhten sich die Preise um ein Vielfaches. Die Preise für Nahrungsmittel sind im März 2023 um 22,3 % gestiegen, gegenüber dem Vorjahresmonat. Preiserhöhungen sind jedoch nicht das einzige Problem: Unseren Studienteilnehmern sind auch Reduzierungen in Produktgrößen und/oder dem Umfang von Dienstleistungen aufgefallen sowie ein Rückgang in deren Verfügbarkeit.
Dass die Preise gestiegen sind, fällt den meisten Konsumenten (88 %) auf. Bei zunehmend vielen Artikeln gibt es jedoch versteckte Preiserhöhungen: durch eine Reduzierung der Produktgröße oder des Umfangs einer Dienstleistung. Experten nennen dieses Phänomen „Shrinkflation“. Fast einem Drittel der Konsumenten ist diese Reduzierung aufgefallen. Wenn wir uns anschauen, in welchen Produktbereichen die Shrinkflation am meisten bemerkt wird, führt eindeutig der Lebensmittelbereich. Bei Dienstleistungen wird dieses Phänomen am meisten im Bereich Unterhaltung und kulturelle Aktivitäten (beispielsweise Streaming-Dienste, Kino, Theater, Museum usw.) beobachtet. Eine Reduzierung der Produktgrößen oder Leistungsumfang ohne Kommunikation sorgt für Ärger bei den Kunden.
Wir fragten unsere Studienteilnehmer, die eine Verringerung der Produktgrößen und/oder dem Umfang von Dienstleistungen bemerkt haben, wie Unternehmen dabei reagieren sollten:
- 63 % fordern, dass als Ausgleich der Produktreduzierung mehr Rabatte angeboten werden
- 59 % wünschen sich mehr Transparenz bei Änderungen an Produkten oder Dienstleistungen
- 51 % wünschen sich von Unternehmen, dass diese mehr Produktalternativen anbieten
- 47 % würden gerne Treueprogramme sehen
- 38 % wollen eine häufigere Kommunikation mit den Kunden
- 29 % sprechen sich für einen kostenlosen Versand aus
Produktgrößen oder den Dienstleistungsumfang zu verringern, ohne dies an die Kunden zu kommunizieren, kann nach hinten losgehen. Unternehmen riskieren dadurch, dass sie treue Kunden verlieren, da sie sich hinters Licht geführt fühlen. Sind Unternehmen dagegen transparent und kommunizieren ihre derzeitigen Schwierigkeiten in der momentanen Krise und erklären, warum sie diesen Schritt gehen, könnte das auf Verständnis bei den Kunden treffen. Mithilfe von E-Mail Marketing Software können Unternehmen einen Newsletter mit Unternehmens- und Produkt-Updates erstellen und automatisch an ihre Kundschaft versenden.
Das Anbieten von Treueprogrammen wird von knapp der Hälfte der Verbraucher gerne gesehen. Unternehmen, die nicht viel Aufwand betreiben wollen, können sich bei Kundenbindungsprogrammen wie Payback anmelden. Hier fallen lediglich geringe Servicegebühren an. Es muss jedoch beachtet werden, dass Unternehmen, die kein eigenes Loyalty-Programm haben, auch nur wenig Einfluss auf die Qualität haben. Die Kundenbeziehung kann negativ beeinflusst werden, wenn es zum Beispiel zu technischen Problemen kommt. Auf der anderen Seite können sie ein eigenes Treueprogramm (Standalone-Programm) entwickeln. Die anfallenden Kosten sind hierfür höher (Implementierung, Verwaltung des Programms, Auswertung der Kundendaten usw.). Dafür haben Unternehmen jedoch vollen Einfluss auf die Qualität ihres Programms.
Maßnahmen zum Ausgleich der Preiserhöhungen
Auch Verbraucher, die eine Erhöhung des Preises bemerkt haben, fordern mehr Kommunikation: 44 % fänden es sehr nützlich, wenn ihre bevorzugten Unternehmen ihnen Preiserhöhungen für Produkte und/oder Dienstleistungen persönlich mitteilen würden (per E-Mail, Newsletter, SMS usw.), 35 % etwas nützlich.
Immerhin haben insgesamt 59 % dieser Konsumenten, denen Preiserhöhungen aufgefallen sind, den Eindruck, dass Unternehmen sich bemühen, ihrer Kundschaft dabei zu helfen, mit den Preissteigerungen bei Produkten und/oder Dienstleistungen umzugehen. 33 % finden, dass Unternehmen nicht genug tun, um sich um ihre Kundschaft zu kümmern, und 8 % haben keine Meinung.
Von diesen 59 %, die den Eindruck haben, dass Unternehmen ihren Kunden den Umgang mit Preiserhöhungen erleichtern wollen, stellen wir in der folgenden Grafik die vier meistgenannten Bemühungen vor.
Einige Unternehmen bieten bereits mehr Zahlungsmöglichkeiten, Treuepunkte und Rabatte an. Wenn dein Unternehmen nicht dabei ist und Preiserhöhungen oder Reduzierungen in der Produktgröße umgesetzt hat, dann empfiehlt es sich stark, diese Extras anzubieten, um Kunden nicht zu verlieren.
Buy now, pay later (Jetzt kaufen, später bezahlen) ist eine Zahlungsmethode, die Kunden vor allem in der jetzigen Inflation helfen kann. Für Kunden hat diese Bezahlmethode den großen Vorteil, dass ein gewünschtes Produkt heute gekauft werden kann, ohne dass man sich direkt um die Bezahlung kümmern muss. Für Händler liegt der Hauptvorteil in einem verbesserten Kundenerlebnis. In Deutschland ist diese Zahlungsmethode beliebt: 40 % der deutschen Online-Shopper haben buy now, pay later bereits genutzt. Auch Abo-Modelle sind unter deutschen Verbrauchern sehr beliebt: 81 % haben derzeit ein Abonnement abgeschlossen. Der Abomarkt bietet eine echte Wachstumschance.
81 % haben aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage ihr Ausgabeverhalten geändert
Der Großteil der Konsumenten hat ihr Ausgabeverhalten in der momentanen Lage angepasst. Wenn wir von der aktuellen wirtschaftlichen Lage sprechen, meinen wir die Inflation und eine mögliche wirtschaftliche Rezession: d.h. eine schrumpfende Wirtschaft, höhere Arbeitslosenquoten, stagnierende Löhne und weniger Geld, das Menschen ausgeben können.
Lediglich 19 % geben an, dass sie es nicht geändert haben. Wir haben die gleiche Studie auch in anderen europäischen Ländern durchgeführt. In Deutschland haben 81 % ihr Ausgabeverhalten angepasst, in den anderen befragten Ländern liegt diese Zahl sogar höher.
Konsumenten mit einem niedrigeren Einkommen haben ihr Ausgabeverhalten dabei mehr angepasst. Je höher das Einkommen, desto geringer ist die Anpassung. Das Alter oder Geschlecht hat keinen sichtbaren Einfluss auf das Ausgabeverhalten.
In welchen Bereichen hat sich das Konsumverhalten verändert?
Der Kauf von Lebensmitteln geht stark zurück
Wie bereits weiter oben erklärt, sind besonders die Kosten für Lebensmittel gestiegen. Es ist interessant zu sehen, wie viele Konsumenten weniger Lebensmittel als vor der aktuellen wirtschaftlichen Lage kaufen. Ganze 62 % geben an, weniger Lebensmittel zu kaufen, obwohl diese Produkte des täglichen Bedarfs sind. Unsere Vermutung ist gewesen, dass diese Antwort deutlich mehr bei Produkten wie Kleidung, Kosmetik, Elektronik usw. ausgewählt wird, als bei Lebensmitteln. Konsumenten verzichten vielleicht auf viel Abwechslung bei den Mahlzeiten, verwenden mehr Reste, kaufen weniger ausgefallene Produkte bzw. Leckereien als zuvor.
Nachhaltige Produkte leiden in Krisenzeiten
In den letzten Jahren ging der Trend immer mehr in Richtung nachhaltige Produkte. Schaut man sich die Jahre 2018 bis 2022 an, achten immer mehr Konsumenten in Deutschland beim Einkaufen darauf, dass die Produkte aus fairem Handel (Fair Trade) stammen.
In Krisenzeiten gehören nachhaltige Produkte jedoch zu den Gütern, die stark leiden: 49 % kaufen jetzt aufgrund der momentanen wirtschaftlichen Lage weniger nachhaltige Produkte als zuvor, 7 % haben ganz aufgehört nachhaltige Produkte einzukaufen. Nur 7 % der verbrauchten Konsumenten geben an, noch nie nachhaltige Produkte eingekauft zu haben. Immerhin haben 38 % sich nicht von der Krise beeinflussen lassen und kaufen entweder gleich viele nachhaltige Produkte (28 %) oder sogar mehr nachhaltige Produkte (10 %).
Die Nutzung von Unterhaltung & kulturelle Aktivitäten, Reisen und Bars und Restaurants geht um 50 % zurück
Die Nutzung von Freizeitdienstleistungen geht wie erwartet zurück. 50 % geben an, Unterhaltung & kulturelle Aktivitäten weniger zu nutzen, genauso wie Reisen und Bars und Restaurants, bei denen es 53 % sind. Einige Konsumenten haben auch ganz aufgehört, diese Dienstleistungen zu beziehen. Während der Pandemie haben diese Bereiche mitunter am stärksten gelitten und jetzt kommt es erneut zum Rückschlag.
Geringerer Gas-, Strom- und Wasserverbrauch
Auch bei Gas, Strom und Wasser wird gespart und 52 % geben an, davon weniger zu verbrauchen. Besonders im Winter war bei vielen Konsumenten aus Deutschland Frieren statt Heizen angesagt. Immerhin lagen die Preise für Energieprodukte im März um 3,5 % über dem Niveau des Vorjahresmonats und haben sich damit deutlich im Wachstum abgeschwächt. Im Februar lag diese noch bei +19,1 % und im Januar bei +23,1 %.
Wie haben Verbraucher ihr Konsumverhalten geändert?
Verbraucher reagieren auf die wirtschaftliche Lage und passen ihr Konsumverhalten an, um bessere Angebote zu finden. Sie sind auf der Suche nach Reduzierungen und Coupons und lesen dafür auch Newsletter und recherchieren mehr als zuvor. Ganze 41 % lesen Newsletter auf der Suche nach Sonderangeboten. Es lohnt sich für Unternehmen also in Newsletter-Software zu investieren und neben der Kommunikation über Preiserhöhungen oder Produktumfrangsreduzierungen auch Sonderangebote zu publizieren.
Auch Treueprogramme sind unter 34 % der befragten Verbrauchern gesucht. Durch Treueprogramme stellen Anbieter im besten Fall sicher, dass Kunden wiederkommen und nicht bei der Konkurrenz kaufen und binden Kunden an ihre Marke. Weiterhin profitieren Anbieter von der Sammlung von Kundendaten, indem sie somit ihre Kundenkenntnisse verbessern und Marketingaktionen personalisierter auf den Kunden zuschneiden können.
80 % sind besorgt, dass es eine wirtschaftliche Rezession geben könnte
Die Situation geht sogar so weit, dass Konsumenten besorgt sind, dass sie sie sich aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage Produkte und Dienstleistungen, die sie regelmäßig kaufen, bald nicht mehr leisten können: 38 % haben große Sorge, dass sie sich Lebensmittel künftig nicht mehr leisten können, bei Haushaltsrechnungen (Gas, Strom, Wasser, Internet) sind es 44 %.
Kein Wunder ist es daher, dass der Anstieg von Preisen und Kosten deutsche Verbraucher nervös macht: 44 % geben an, etwas nervös zu sein, während 31 % sehr nervös sind. Auch eine mögliche wirtschaftliche Rezession bereitet Verbrauchern Sorgen: 35 % sind sehr besorgt und 46 % etwas besorgt davor.
Nochmal zur Erinnerung, wie du als Unternehmen deine Kunden unterstützen kannst:
- Kommuniziere regelmäßige und ehrlich mit deinen Kunden
- Führe Maßnahmen zum Ausgleich von Preiserhöhungen ein, wie mehr Zahlungsmöglichkeiten oder Treueprogramme
- Sei bei Änderungen an Produkten oder Dienstleistungen so transparent wie möglich
- Biete Produktalternativen an, die sich Konsumenten während der Inflation leisten können
Methodik
Um die Daten für diesen Bericht zu erheben, führte Capterra im Zeitraum vom 31. März bis 11. April 2023 eine Online-Umfrage unter 1002 Verbrauchern aus Deutschland durch. Die Teilnehmer wurden anhand der folgenden Kriterien ausgewählt:
- wohnen in Deutschland
- sind zwischen 18 und 65 Jahre alt
- sind für die Bezahlung von Ausgaben und Gütern im Haushalt zuständig (entweder alleine oder mit ihrem Partner/oder anderen in ihrem Haushalt wohnenden Personen)
Die Studie wurde ebenfalls in anderen europäischen Ländern durchgeführt. Aus Frankreich wurden 1011 Teilnehmer befragt, aus Spanien 1009 Teilnehmer, aus Italien 1017 Teilnehmer, aus den Niederlanden 1000 Teilnehmer und aus UK 1006 Teilnehmer.