Unternehmen, die auf hybride Arbeitsformen und Home-Office umgestiegen sind, bieten ihren Beschäftigten nicht nur mehr Flexibilität und sparen Geld für Büroräume, sondern haben auch einen weiteren Vorteil entdeckt: Mitarbeiter haben nach der Umstellung weniger toxisches Verhalten wie Mobbing, Rassismus und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Das geht aus der Capterra-Umfrage 2022 über schlechtes Arbeitsklima und toxische Kollegen hervor.
In diesem Artikel
- 24 % haben bereits toxisches Verhalten am Arbeitsplatz gemeldet
- 31 % weniger Streit am Arbeitsplatz seit der Umstellung auf Hybrid-/Remote-Arbeit
- Die Meldung von toxischem Verhalten ist von zu Hause weniger einschüchternd
- Können Monitoring-Tools dabei helfen, schlechtes Betriebsklima zu verbessern?
- 3 Tipps für Führungskräfte gegen schlechtes Arbeitsklima
Dieser Bericht ist der zweite Teil einer Serie über die Unternehmenskultur in der neuen Normalität. Im ersten Teil haben wir uns mit der Wichtigkeit von Freundschaften am Arbeitsplatz beschäftigt.
Da eine toxische Arbeitskultur einer der Hauptgründe für die “großen Resignation” (ein in den USA beobachtetes Phänomen) ist, kann die Möglichkeit, öfter von zu Hause aus zu arbeiten, schlechtes Arbeitsklima in Unternehmen verringern und Mitarbeiter halten. Jedoch reicht das allein nicht aus: Personalverantwortliche und Manager müssen Angestellten Vertrauen vermitteln, damit unangemessenes Verhalten gemeldet werden kann und gezielt dagegen vorgehen.
Highlights der Studie:
- 24 % der Angestellten haben bereits toxisches Verhalten am Arbeitsplatz gemeldet
- Davon geben 26 % an, dass sich nichts geändert hat und für 19 % wurde das Problem nicht angegangen
- 31 % der Mitarbeiter berichten von weniger Streit am Arbeitsplatz seit der Umstellung auf Hybrid-/Remote-Arbeit
- 22 % fühlen sich seit der Umstellung auf Hybrid- oder Remote-Arbeit wohler dabei, toxisches Verhalten am Arbeitsplatz zu melden
24 % haben bereits toxisches Verhalten am Arbeitsplatz gemeldet
Toxische Arbeitsplätze können das psychische und physische Wohlbefinden eines Mitarbeiters ernsthaft beeinträchtigen. Persönliche Konflikte zwischen Kollegen, die mit Feindseligkeit, Misstrauen, Belästigung oder sogar Lästern einhergehen, können es den Mitarbeitern schwer machen, ihre Arbeit zu erledigen.
36 % der Angestellten waren bereits von toxischem Verhalten am Arbeitsplatz betroffen. Sie haben entweder darunter gelitten oder es miterlebt:
- 24 % der toxischen Verhalten wurden gemeldet. Davon richtete sich das toxische Verhalten in 9 % gegen den Angestellten selbst, in 15 % der Fälle gegen einen Kollegen/ eine Kollegin.
- In 12 % der Fälle hatte sich der Angestellte dabei unwohl gefühlt, das beobachtete Verhalten zu melden.
Während sich arbeitsbedingter Stress in der Regel auf die psychische Gesundheit der Beschäftigten auswirkt, sind auch Mobbing und Klatsch und Tratsch Ursachen für Burnout. Neben dem persönlichen Wohlbefinden werden logischerweise auch Produktivität und Leistung der Mitarbeiter beeinträchtigt. Von denjenigen, die über toxisches Verhalten am Arbeitsplatz berichteten, gaben 55 % an, dass das Problem angegangen wurde und zu einem positiven Ergebnis führte. 26 % gaben an, dass das Problem zwar angesprochen wurde, sich aber nichts änderte, während 19 % sagten, dass das Problem nicht angegangen wurde.
Für alle, die in Personalabteilungen und der Teamleitung tätig sind, ist es unerlässlich, dafür zu sorgen, dass jeder Mitarbeiterbeschwerde ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Ein toxischer Arbeitsplatz, an dem eine transparente Kommunikation nicht erwünscht ist, kann sich negativ auf die Moral und das Engagement der Mitarbeiter auswirken. Die Schulung von Managern zum Verständnis toxischer Szenarien ist für jede Organisation von entscheidender Bedeutung, um negative Auswirkungen auf die Unternehmenskultur zu vermeiden.
31 % weniger Streit am Arbeitsplatz seit der Umstellung auf Hybrid-/Remote-Arbeit
In der Studie wollten wir herausfinden, ob sich toxisches Verhalten am Arbeitsplatz durch die Umstellung auf Hybrid-/Remote-Arbeit verringert hat. Um genau zu erfahren, welche Aspekte der toxischen Unternehmenskultur sich durch die Umstellung verändert/verbessert haben, haben wir Arbeitnehmer zu neun spezifischen Verhaltensweisen befragt, die von heimtückisch (z. B. Tratsch) bis hin zu offensichtlich (z. B. Schreien oder Streiten) reichen. Bei allen neun Verhaltensweisen gibt die Mehrheit an, dass sie seit der Umstellung weniger toxische Verhaltensweisen beobachten. Vor allem Streit, Lästern und Schreien haben abgenommen.
Die Meldung von toxischem Verhalten ist von zu Hause weniger einschüchternd
Wir haben festgestellt, dass die Umstellung auf Hybrid- und Telearbeit das toxische Verhalten von Mitarbeitern verringert. Warum ist hybride Arbeit weniger toxisch? Einerseits ist es unbestreitbar, dass hybride Arbeitsformen mehr räumlichen Abstand zwischen den Beschäftigten schaffen, was die Zahl der körperlichen Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz reduzieren kann.
Das meiste toxische Verhalten bei der Arbeit ist jedoch nicht physisch und kann genauso oft über digitale Kanäle (wie E-Mail oder Chat-Tools) stattfinden. Und gerade bei diesen digitalen Interaktionen spielt die Einfachheit der Meldung eine wichtige Rolle. Beschäftigte, die von zu Hause aus arbeiten, fühlen sich wohler dabei, toxisches Verhalten zu melden.
Unsere Daten zeigen, dass 22 % sich seit der Umstellung auf Hybrid- oder Remote-Arbeit an ihrem derzeitigen Arbeitsplatz wohler dabei fühlen, toxisches Verhalten am Arbeitsplatz zu melden. 64 % fühlen sich gleich wohl wie davor.
Wenn ein Arbeitnehmer in ein Personalbüro gehen muss, wo er von seinen Kollegen gesehen werden könnte, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass er toxisches Verhalten meldet. Bei der Arbeit von zu Hause haben die Beschäftigten jedoch mehr Möglichkeiten, Fehlverhalten diskret zu melden, z. B. per E-Mail oder über ein anonymes Hotline-Formular.
Können Monitoring-Tools dabei helfen, schlechtes Betriebsklima zu verbessern?
Die Überwachung eines Arbeitsplatzes durch Mitarbeiter-Monitoring-Tools besteht meist darin, sich Zugang zu den Daten zu verschaffen, die ein Mitarbeiter auf den Geräten des Unternehmens generiert. Das Sammeln solcher Daten kann unter anderem dazu dienen, die Sicherheit des Unternehmens und / oder der Belegschaft zu gewährleisten, die Anwesenheitszeiten zu erfassen oder die Produktivität einer Person zu beurteilen.
Vergewissere dich vor dem Einsatz solcher Tools jedoch davon, dass sie zum Ziel haben, Fehlverhalten der Mitarbeiter zu verhindern und nicht leistungsschwache Mitarbeiter auszusortieren. Es ist wichtig Maßnahmen einzuführen, die Mitarbeitern helfen und dies auch richtig zu kommunizieren.
Die Mitarbeiter unserer Studie sind nicht überzeugt: Generell stimmen nur 21 % der Aussage zu, dass Tools für das Mitarbeiter-Monitoring dabei helfen, toxisches Verhalten am Arbeitsplatz zu reduzieren. 42 % stimmen dieser Aussage wenig oder überhaupt nicht zu.
Die Monitoring-Tools haben jedoch einen großen Vorteil: Im Gegensatz zu toxischem Verhalten am Arbeitsplatz – das möglicherweise nicht aufgezeichnet oder von den richtigen Personen gesehen wird – kann toxisches Verhalten in digitalen Räumen von Arbeitnehmern und Personalabteilungen einfacher nachgewiesen werden.
3 Tipps für Führungskräfte gegen schlechtes Arbeitsklima
Kehren wir zu unserer ursprünglichen Frage zurück: Kann etwas so Einfaches wie die Erlaubnis, öfter von zu Hause aus zu arbeiten, die toxische Unternehmenskultur tatsächlich verbessern? Die kurze Antwort lautet: nicht von selbst.
Die Umstellung auf Hybrid- oder Remote-Arbeitsplätze hilft dabei, einzelne Vorfälle zwischen Kollegen zu reduzieren. Wird toxisches Verhalten jedoch ignoriert, wird es nicht viel bewirken. Diese Tipps wollen wir Führungskräften mit auf den Weg geben, um gegen ein schlechtes Arbeitsklima und toxische Kollegen am Arbeitsplatz vorzugehen.
1. Führe präventive Maßnahmen ein
Unternehmen sollten präventive Maßnahmen zur Minimierung des Risikos von toxischem Verhalten in Unternehmen einführen. So wird von vornherein das Aufkommen von Fehlverhalten versucht zu verringern. Unternehmen können:
- Ein Konfliktmanagement-Seminar durchführen
- Schulungen und allgemeine Aufklärung zum Thema Mobbing, sexuelle Belästigung usw. abhalten
- Regelmäßig 1:1-Gespräche mit Mitarbeitern führen, um ein Klima des Vertrauens zu schaffen und zu verhindern, dass Probleme eskalieren.
- Anweisungen dazu geben, wer im Unternehmen im Problemfall zu kontaktieren ist.
2. Beobachte dein Team aufmerksam
Es ist wichtig, dass Führungskräfte (aber auch alle anderen Mitarbeiter) aufmerksam sind, um Fälle von Mobbing, Sexismus etc. frühzeitig zu erkennen, da sich viele Mitarbeiter nicht trauen, toxische Kollegen zu melden. Ein vertrauensvolles Klima sollte es auch ermöglichen, eine Führungskraft der Personalabteilung oder jemandem außerhalb des Teams zu melden, ohne Angst vor Konsequenzen haben zu müssen.
Achte auf folgende Anzeichen, sie können Aufschluss darauf geben, ob Mitarbeiter unter einem schlechten Arbeitsklima oder toxischen Kollegen leiden:
- Zieht der Mitarbeiter sich zurück?
- Wird er ruhiger und verschlossener?
- Erhöhen sich Fehltage?
- Gibt es eine Grüppchenbildung im Team?
3. Gehe allen Meldungen von toxischem Verhalten auf den Grund
Beschäftigte brauchen mehrere Möglichkeiten, toxisches Verhalten zu melden. Vertrauen und Raum für Kommunikation zu schaffen ist entscheidend, da Führungskräfte oft Fehlverhalten nicht selbst mitbekommen. Was Führungskräfte tun können, wenn Fehlverhalten gemeldet wurde:
- Führungskraft müssen Vorwürfe genau prüfen und dazu Gespräche mit allen Beteiligten führen und versuchen, die Vorfälle zu klären. Ein Tipp: Protokolliere das Gespräch.
- Kann die Führungskraft den Konflikt nicht bereinigen, muss ein Mediator dazugeholt werden.
- Täter von Mobbing oder Sexismus, die sich uneinsichtig zeigen, können versetzt oder mit einer Abmahnung bestraft werden.
- Es ist wichtig, die Opfer bei der Verarbeitung der Konflikte zu unterstützen. Wünscht sich das Opfer selbst eine Versetzung oder möchte es Hilfe einer Beratungsstelle?
Es liegt in der Verantwortung der Unternehmen, ihren Mitarbeitern die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen und ihnen zuzuhören, um ein Klima des Vertrauens und der Zufriedenheit in ihrem Arbeitsumfeld zu fördern.
Methodik:
Um die Daten für diesen Bericht zu sammeln, führten wir im Juni 2022 eine Online-Umfrage durch. In der Umfrage haben sich 993 Angestellte für die Teilnahme qualifiziert. Die Auswahlkriterien für die Teilnehmer lauten wie folgt:
- Die Teilnehmer sind zwischen 18 und 65 Jahre alt
- Haben ihren Wohnsitz in Deutschland
- Die Teilnehmer sind voll-oder teilzeitbeschäftigt und arbeiten in einem Unternehmen mit mindestens 6 Mitarbeitern