Das Implementieren unternehmensweiter Änderungen – insbesondere bei großen Teams – ist eine gewaltige Aufgabe, die methodisch und durchdacht angegangen werden muss.
Selbst in fortschrittlich eingestellten Unternehmen gibt es Widerstand gegen Veränderungen.
Dein Team mit einem neuen Projektmanagement-Tool vertraut zu machen ist nicht einfacher als wenn es darum geht, dass das Team sich an andere Änderungen anpassen soll: Es kann ein ziemlich schwieriger Prozess sein.
Zum Glück gibt es eine Reihe von Strategien, mit denen du deine Technikskeptiker in begeisterte Nutzer verwandeln kannst.
Du hast recherchiert, eine Reihe von Projektmanagement-Tools verglichen und ausprobiert und das neue System eingerichtet. Zeit zu entspannen, richtig? Nicht so schnell.
Dein neues Projektmanagement-Tool nützt deinem Team überhaupt nichts, wenn es es nicht verwendet.
Wir wollen dir fünf Schritte nennen, mit denen du ein neues PM-Tool erfolgreich implementieren kannst, aber vorher musst du herausfinden, wo die Abwehr deiner Mitarbeiter überhaupt herkommt.
Gründe für die Abneigung gegenüber Veränderungen
Du kannst deinem Team nicht einfach ein neues PM-Tool zuwerfen und erwarten, dass sie damit spielen
Veränderung und Anpassungsvermögen sind wesentliche Bestandteile eines effizienten Arbeitsplatzes. Egal ob die Änderungen die physische Arbeitsumgebung oder Softwaresysteme betreffen: Transformationen sind notwendig, um dein Unternehmen voranzubringen.
Diese notwendigen Änderungen werden jedoch unweigerlich auf Widerstand stoßen. In einer Abhandlung zu Änderungen und effektiver Änderungsverwaltung für die Harvard Business Review schrieb Paul R. Lawrence bereits 1969: „Tatsächlich leisten Mitarbeiter auch weniger Widerstand gegen technische Neuerungen als gegen den sozialen Wandel – die Veränderungen in den menschlichen Beziehungen, die den technischen Wandel begleiten.“
Was verursacht diesen sozialen Wandel und wie können wir den Widerstand dagegen überwinden oder mindern?
In der Studie „ Overcoming Resistance to Change“ aus dem Jahre 1948 fanden Lester Coch und John R. P. French Jr. heraus, dass die Beteiligung der Mitarbeiter grundlegend wichtig für einen reibungslosen Übergang der Arbeitsabläufe ist. Sie führten in vier Gruppen von Fabrikarbeitern einen neuen Arbeitsablauf ein, wobei jede der Gruppen auf andere Weise instruiert oder der Änderung ausgesetzt wurde.
So wurde der ersten Gruppe beispielsweise einfach nur vom neuen Arbeitsablauf erzählt und sie wurde aufgefordert, ihn ab jetzt zu übernehmen. Die vierte Gruppe wurde zu einem Problem konsultiert, das behoben werden musste, und arbeitete gemeinsam an einem neuen Arbeitsablauf, um das Problem mit ihren Managern zu beheben.
Wenig überraschend reagierte die erste Gruppe negativ, ihre Produktivität sank und die Zahl der Kündigungen stieg. Die vierte Gruppe gewöhnte sich hingegen recht schnell an den neuen Arbeitsablauf und konnte eine gesteigerte Produktivität verzeichnen.
Auch wenn diese Beispiele schon einige Jahrzehnte alt sind, haben sich die grundlegenden Prinzipien des Change Managements seitdem nur wenig verändert.
Wir wissen: Wenn die Kompetenz der Teammitglieder respektiert wird und sie Einfluss nehmen dürfen, sinkt der Widerstand gegenüber Veränderungen. Doch wie kann diese Theorie nun angewendet werden, wenn es darum geht, unternehmensweit eine neue Projektmanagement-Software einzuführen?
Wir sprachen mit einigen erfolgreichen Teamleitern und Projektmanagern, die uns folgende fünf Tipps gaben.
So implementierst du ein neues Projektmanagement-Tool
1. Mach deine Manager zu Botschaftern
Änderungen sind gleich viel einfacher zu akzeptieren, wenn sie mit einem freundlichen Gesicht daherkommen
Der erste Schritt bei der Software-Einführung besteht darin, dein(e) Management-Team(s) einzubeziehen. Wenn deine leitenden und mittleren Führungskräfte frühzeitige Anwender der Software sind, ist es viel wahrscheinlicher, dass sie mit Freuden für die Änderungen eintreten.
Deine Botschafter müssen nicht in der IT-Abteilung arbeiten. Tatsächlich kann es sogar deutlich mehr bewirken, wenn sie keine IT-Experten sind und die Vorteile der Software ohne technischen Jargon präsentieren.
Um dein Management-Team an Bord zu kriegen, musst du anerkennen, dass sie alle bereits bestehende Arbeitsabläufe für ihre Teams und ihr Projektmanagement haben. Alan Zucker, der Gründer von Project Management Essentials, sagt, dies sei eine der größten Herausforderungen, die er beobachtet, wenn Unternehmen neue Software einführen.
In einer Umgebung ohne vorhandenes Unternehmenstool haben alle Ebenen des Managements und der Teams ihre eigenen, leicht unterschiedlichen Prozesse und Ansichten. Bei der Migration zu einer einzigen Unternehmensanwendung müssen all diese Unterschiede aufgelöst und zusammengeführt werden.
Um die Zustimmung zu erhöhen, solltest du Manager in den Software-Auswahlprozess einbeziehen und sicherstellen, dass ihre bestehenden Arbeitsabläufe so angepasst werden können, dass sie zu deinem neuen System passen. Wenn sich dein Management-Team gehört und verstanden fühlt, ist es viel wahrscheinlicher, dass es auch seine eigenen Teams mit einer positiven Grundhaltung schulen wird.
Alexander Bekhterev, Programm-Manager bei Emarsys, erzählte uns, wie diese Strategie seinem Unternehmen half, neue Projektmanagement-Software in einem Team von mehr als 750 Personen über 15 globale Niederlassungen hinweg einzuführen:
Der Grund, weshalb die meisten Änderungen fehlschlagen, liegt darin, dass sie ein- oder zweimal vorgestellt, aber nicht von Führungskräften oder Sponsoren gestaltet und bekräftigt werden. Wir stellten sicher, dass wir nicht nur jedem im Unternehmen erzählen, dass ein neues Tool kommt, sondern diese Änderung auch auf allen Führungsebenen gestalten und untermauern – von den globalen Führungskräften bis hin zu den Frontline-Managern.
Konzentriere dich bei der Auswahl deiner Software-Botschafter auf Personen, die gut kommunizieren und effektiv die Einfachheit des Tools sowie die unmittelbaren Vorteile demonstrieren und beschreiben können.
Stewart Small, Gründer von KTTP, erzählt, wie sein Unternehmen die Erstanwender bei der Einführung neuer Software und Produkte für Kunden-Teams auswählt:
Wir suchen nach strategischen Early Adopters: Mitarbeiter, die nicht allzu technisch versiert sind, aber hervorragend kommunizieren können. Wir konzentrieren uns darauf, zunächst diese wichtigen Influencer zu schulen, die als Impulsgeber dann weitere Mitarbeiter ermutigen und schulen. Diese Strategie funktioniert gut, weil andere Mitglieder sehr viel motivierter und zuversichtlicher sind, wenn sie sehen, dass weniger technisch versierte Teammitglieder die Plattform bereits beherrschen.
Zusammenfassung: Identifiziere deine Influencer und binde sie in den Entscheidungs- und Feedback-Prozess ein. Je mehr Botschafter du an Bord hast, desto einfacher wird es, Änderungen unternehmensweit umzusetzen.
2. Mache deutlich, was dein Team davon hat
Sinkende Kosten = gut
Was ist aber nun mit allen außerhalb des Managements?
Um die verbleibenden Teammitglieder ins Boot zu holen, musst du erfolgreich kommunizieren, was für sie dabei herausspringt.
Vielleicht verschwendet deine bisherige Struktur Zeit, weil Mitarbeiter Informationen über verschiedene Kanäle und Tools hinweg erfassen müssen. Erklär, dass deine neue Projektmanagement-Software diese verlorene Zeit wieder reinholt und verhindert, dass Aufgaben vergessen werden.
Zeige auf, wie dein Team mit der neuen Software schlauer statt härter arbeiten kann. Je nach Unternehmenspolitik könntest du auch damit werben, dass eine Effizienzsteigerung zu größeren leistungsbasierten Boni oder weniger Stunden im Büro führen kann (wenn du flexible Arbeitszeiten anbietest).
Susan Boles, Teilhaberin der Unternehmensberatung Grind/Revive, lässt uns wissen, wie ihr Unternehmen mit dieser Methode ERP-Implementierungen im großen Stil umsetzen konnte:
Die besten Implementierungen, die ich bisher gesehen habe, sind diejenigen, bei denen die Kommunikation mit dem Personal im Vordergrund steht. Zu erklären, warum neue Software implementiert wird, was die Vorteile für alle Beteiligten sein werden und wie der Zeitrahmen genau aussieht, ist grundlegend wichtig, um die Mitarbeiter für neue Software und Prozesse zu begeistern.
3. Software-Tutorials anbieten und Regeln festlegen
Ein wahrer Sprint-Zyklus
Sobald du in der Schulungsphase angelangt bist, liegt dein Fokus darauf, die Benutzerfreundlichkeit und die Vorteile der Software visuell zu demonstrieren.
Torsten Schlautmann, Verantwortlicher für HR, Controlling und Administration bei Opitz Consulting, erzählte uns, dass die Einfachheit und die visuellen Elemente der vom Unternehmen gewählten Projektmanagement-Lösung das Onboarding stark vereinfachten, unabhängig von den individuellen technischen Fertigkeiten.
Besonders gut gefällt uns die einfache Nutzbarkeit. Selbst diejenigen unserer Teammitglieder, die unsere IT-Systeme bisher nur sehr zurückhaltend verwendet haben, konnten sich schnell mit unserem neuen Zusammenarbeits-Tool anfreunden. Unsere gesamte HR-Abteilung zum Beispiel liebt das Tool, auch wenn sie nicht zu den technischen Teams gehört, einfach weil es so einfach zu benutzen ist und so schnell Vorteile bringt.
Alan Zucker bestätigte, dass es sinnvoll ist, den Teammitgliedern zunächst in einer visuellen Demonstration die Vorteile aufzuzeigen. „Ein Projektmanagement-System ist vorrangig visuell“, sagte er. „Die Menschen sind sehr viel besser darin, auf etwas Visuelles zu reagieren und Feedback zu geben als auf schriftliche Anforderungen.“
Sorge dafür, dass du bei den ersten Schulungen mit deinem Team eine klare Vorstellung davon hast, wie dein Unternehmen das Tool genau nutzen wird. Lege die Arbeitsabläufe und Anwendungsfälle deines Unternehmens gemeinsam mit dem Management fest, übe dich darin, sie anderen vorzustellen, und schule dann den Rest deines Teams.
Alexander Bekhterev (Programm-Manager bei Emarsys) stellt fest:
Falsche Ausrichtungen bei der Nutzung von Projektmanagement-Apps können großteils vermieden werden, indem man Regeln, FAQs und Leitfäden erstellt, Rechte beschränkt und nur eine begrenzte Zahl an Admins/Moderatoren ernennt. Wir [Management-Team] haben bei ein paar Meetings zusammengearbeitet und uns auf Vorlagen und Projektgruppen geeinigt, die für die meisten unserer Anwendungsfälle geeignet sind. Lokale Administratoren waren unsere Wissensquelle in jedem Büro und sie haben unseren Mitarbeitern bei der richtigen Verwendung des Produkts geholfen – durch Informationen und das Beheben von Problemen, sobald sie auftauchten.
4. Starte die Einführung in kleinen Häppchen
… aber nimm dir zwischendrin Zeit zum Durchatmen
Auch wenn sie Schulungen erhalten, werden viele Mitarbeiter – insbesondere die weniger technisch versierten – den Umgang mit neuer Software als Herausforderung empfinden.
Um dem entgegenzuwirken, solltest du deinen Teammitgliedern zunächst kleinere Aufgaben innerhalb der Software zuweisen, beispielsweise das Erstellen ihrer Profile oder die Teilnahme an einem Gespräch. Du kannst den Onboarding-Prozess auch spielerisch gestalten, sodass Teammitglieder kleine Belohnungen für ihre Fortschritte erhalten.
Stewart Small (Gründer von KTTP) teilte uns mit:
Unsere häufigste Hürde war der Widerstand gegenüber Veränderungen, insbesondere bei technisch wenig erfahrenen Mitarbeitern. Wir haben festgestellt, dass die beste Methode zum Überwinden dieser Hürden darin besteht, neue Software in winzigen Schritten einzuführen. Statt alle Komponenten der Software auf einmal einzuführen, beschränken wir uns zunächst auf ein paar wenige einfache Funktionen. So können sich die Mitarbeiter an das generelle Erscheinungsbild und die Handhabung der Software gewöhnen und gewinnen Zuversicht, bevor es an ernsthafte Schulungen geht.
Stell sicher, dass die kleinen Aufgaben, die du zuweist, sinnvoll sind und die Vorteile und Funktionen der Software aufzeigen.
Ein Beispiel? Bitte alle Teammitglieder darum, ihrem Manager eine Aufgabe zuzuweisen, in der sie nach Informationen zu deren Lieblingstipp oder -trick bei der Nutzung des neuen Tools fragen. So können neue Mitglieder gleichzeitig die Software ausprobieren und wertvolle Einblicke in die Nutzung der Early Adopter erhalten.
5. Sei offen für Feedback und höre zu
Zuhören geht auch ohne hinterlistig zu gucken
In den frühen Phasen der Implementierung treten immer auch Probleme auf und du solltest dein Team über sie informieren. Um Vorschläge zu erhalten und eine positive Feedback-Schleife zu schaffen, solltest du einen Monat nach der Einführung eine interne Mitarbeiterbefragung starten und sie nach drei Monaten wiederholen.
So fühlen sich die Teammitglieder gehört und idealerweise erhältst du hilfreiche Vorschläge und Anwendungsfälle, mit denen du deine ursprünglichen Prozesse zur Implementierung der Software verbessern kannst.
Mit einer einfachen Umfrage findest du außerdem heraus, wie erfolgreich die Einführung war. Fordere die Teammitglieder auf, auf einer Skala von eins bis fünf zu bewerten, wie sehr sie den folgenden Aussagen zustimmen:
- Ich verstehe die mit der neuen Strategie vorgeschlagenen Änderungen
- Ich weiß, was bei diesem neuen Arbeitsablauf von mir erwartet wird
- Ich denke, dass die vom Unternehmen umgesetzten Pläne im Einklang mit unseren Werten stehen
- Ich weiß, wo ich weitere Informationen zu den Veränderungen finden kann, die das Unternehmen vornimmt
- Ich fühle mich während dieser organisatorischen Änderung unterstützt
- Ich habe die Schulungen erhalten, die ich benötige, um diese Änderung erfolgreich umzusetzen
Mit diesen Fragen kannst du messen, wie erfolgreich die unternehmensweiten Änderungen umgesetzt werden, und hast eine solide Grundlage, um spezifische Fragen zur neuen Projektmanagement-Lösung zu stellen.
Wie hast du Änderungen gemeistert?
Dies sind unsere fünf Tipps zur Einführung neuer Projektmanagement-Tools in deinem Unternehmen. Was sind deine Tipps? Welche Methoden hast du bereits ausprobiert? Wo hattest du Erfolg, wo musstest du Fehlschläge hinnehmen? Erzähl es uns in den Kommentaren!