Mit der Zunahme des Online-Einkaufs von Lebensmitteln erforschen Einzelhandelsunternehmen den Einsatz neuer Technologien und Einkaufsmöglichkeiten. Für Unternehmen, die innovative E-Commerce-Tools in Betracht ziehen, haben wir die Meinung der Verbraucher zu Funktionen wie dem kassenlosen Supermarkt untersucht.
In diesem Artikel
- Was ist ein kassenloser Supermarkt?
- 78 % sind an kassenlosen Läden interessiert
- Kontakt mit anderen vermeiden ist einer der 3 Hauptvorteile des kassenlosen Einkaufens
- Jeder zweite Befragte hat Angst, dass seine Daten gehackt werden
- Diejenigen, die nicht am kassenlosen Supermarkt interessiert sind, führen verschiedene Gründe auf
- Wichtige Überlegungen für Unternehmen
Das Ende langer Kassenschlangen steht uns bevor. In den neuen kassenlosen Supermärkten müssen Kunden nicht mehr zum Bezahlen anstehen und können dank Sensoren und künstlicher Intelligenz einfach aus dem Geschäft spazieren. Rewe bietet seinen Kunden in Köln seit Kurzem die neue Technologie an. Aber sind Kunden auch schon bereit dafür? Wir haben die Meinung der Verbraucher zu kassenlosen Geschäften untersucht und dazu über 1000 deutsche Verbraucher aus städtischen und vorstädtischen Gebieten befragt (vollständige Methodik am Ende dieses Artikels).
Highlights der Umfrage:
- 78 % der Verbraucher aus städtischen oder einem vorstädtischen Gebiet sind am kassenlosen Einkaufen interessiert
- 49 % fühlen sich unwohl, wenn die App des Supermarktes direkt mit ihrem Bankkonto verbunden wäre
- Fast jeder Zweite hat Angst, dass seine Daten gehackt werden
Was ist ein kassenloser Supermarkt?
Bei kassenlosen Geschäften handelt es sich um Einzelhandelsgeschäfte, die kein Kassenpersonal oder Kassen haben und stattdessen Kameras und KI-Technologie einsetzen, um das Einkaufserlebnis zu optimieren. „Kassenlose“ Läden sind ein wachsender Trend. Immer mehr Einzelhändler testen Konzepte für kassenlose Filialen. Erst seit Kurzem bietet Rewe seinen Kunden in Köln den sogenannten hybriden Einkauf an: Klassisch an der Kasse bezahlen oder ohne Kassenvorgang mittels „Pick&Go“.
Wie funktioniert ein kassenloser Supermarkt?
- Die Einkaufenden laden eine App herunter, bevor sie einen Laden betreten können.
- Kunden melden sich dann per App oder per QR-Code-Scan an einer am Eingang befindlichen Schranke an.
- Der Einkauf kann beginnen und Produkte können in den Einkaufswagen, Rucksack, Taschen etc. gelegt werden.
- Mithilfe von Kameras und Sensoren wird registriert, welche Produkte aus den Regalen genommen und auch wieder zurückgestellt werden. Auf diese Weise können die Kunden Produkte einfach einpacken und aus dem Laden gehen, ohne sich an einer Kasse anstellen zu müssen.
- Die Abrechnung findet anschließend per App statt.
78 % sind an kassenlosen Läden interessiert
Die Umsetzung des Konzepts ist in Deutschland noch ganz frisch. So geben lediglich 5 % der Verbraucher aus städtischen oder einem vorstädtischen Gebiet an, dass sie bereits in einem kassenlosen Geschäft eingekauft haben.
Unter den in städtischen oder vorstädtischen Gebieten lebenden Konsumenten sind 78 % an den kassenlosen Läden interessiert, worunter 44 % sehr interessiert und 34 % etwas interessiert sind.
Von denjenigen, die zumindest ein gewisses Interesse daran haben, kassenlose Geschäfte auszuprobieren, gaben 40 % an, dass sie die Geschäfte für alle oder fast alle Lebensmitteleinkäufe nutzen wollen.
Interesse bei technikaffinen Konsumenten liegt bei 96 %
Die Technikaffinität und das Alter der Kunden spielen eine große Rolle bei ihrem Wunsch, kassenlose Geschäfte zu testen. Bei dem Geschlecht der Teilnehmer ist der Unterschied geringer.
Technikaffine Konsumenten zeigen ein viel größeres Interesse daran, kassenlose Geschäfte auszuprobieren, als diejenigen, die ihre Technologienutzung einschränken. Mit dem Alter der Konsumenten nimmt das Interesse an den Supermärkten mit dem neuen Konzept ab.
- 96 % der Teilnehmer, die gerne neue Technologien ausprobieren und bei neuen Trends ganz vorne mit dabei sind, zeigen Interesse an dem kassenlosen Einkaufen.
- 36 % der Teilnehmer, die ihre Technologienutzung auf ein Minimum beschränken, sind interessiert.
- 87 % der zwischen 18 und 25 Jährigen zeigen Interesse, während es bei den 56-65 Jährigen 64 % sind.
- 83 % der männlichen Teilnehmer sind an der kassenlosen Technologie interessiert und 74 % der Frauen.
(Als interessiert werden hierbei Befragte gezählt, die angegeben haben entweder etwas oder sehr am kassenlose Einkaufen interessiert zu sein).
Kontakt mit anderen vermeiden ist einer der 3 Hauptvorteile des kassenlosen Einkaufens
Bei Überlegungen zur Umstellung auf neue Bezahlmethoden an der Lebensmittelkasse sollten die Präferenzen der Kunden berücksichtigt werden. Auf die Frage, was der wichtigste Vorteil des kassenlosen Einkaufs wäre, nannten 84 % der Befragten die Vermeidung von Warteschlangen. Als zweitwichtigsten Vorteil nannten 73 % die Schnelligkeit beim Bezahlen von Lebensmitteln. Als dritter Hauptvorteil wird genannt (46 %), dass der Kontakt mit Menschen vermieden wird (z.B. in Warteschlangen). Dies ist besonders seit COVID-19 ein wichtiger Faktor, der den Trend des kassenlosen Einkaufens wahrscheinlich fördert.
Da die Schnelligkeit des Kassiervorgangs bei den Verbrauchern an erster Stelle steht, sollten KMU sicherstellen, dass die von ihnen eingesetzte Technologie schnell zu bedienen ist. Es sollten leicht verständliche Anweisungen ausgehängt werden, damit auch weniger technisch versierte Kunden ihre Einkäufe problemlos erledigen können.
Jeder zweite Befragte hat Angst, dass seine Daten gehackt werden
Knapp jeder Zweite Teilnehmer (49 %) äußert die Angst, dass seine Daten gehackt werden könnten, während auf die Technologie zugegriffen wird.
Diese drei Konsumenten führen ihre Bedenken weiter aus:
- „Angst, dass der Bezahlvorgang nicht funktioniert oder zu viel oder doppelt abgebucht wird“
- „Mangelndes Vertrauen darin, dass die Technologie störungsfrei funktioniert, und Probleme, wenn das Handy mal ausfällt, kaputt oder nicht greifbar ist“
- „Zu wissen, welche Daten neben dem reinen Artikel und Preis noch gesammelt, verarbeitet, kombiniert und ggf. auch verkauft oder unentgeltlich weitergegeben werden“
49 % fühlen sich unwohl, wenn die App des Supermarktes direkt mit ihrem Bankkonto verbunden wäre
55 % der Teilnehmer geben an, dass sie sich unwohl fühlen, wenn diese Geschäfte Gesichtserkennung nutzen würden, um ihre Identität oder ihr Alter zu bestätigen. Nach Angaben von REWE, seien die Gesichter der Kunden trotz Kameraaufzeichnung nicht erkennbar, biometrische Daten würden nicht erfasst. So könne das System Kunden beim nächsten Einkauf nicht wiedererkennen.
62 % sind sehr oder etwas besorgt, dass ihre Daten und vergangenen Käufe von den Geschäften und/oder ihren Technologiepartnern gespeichert und verwendet werden könnten. Datenschützer meinen, dass dem Ver braucher klar sein muss, welche Daten von ihm erfasst werden, und er dem ausdrücklich zustimmt. Solange die Datenverarbeitung transparent erfolgt und nur Kundendaten ausgewertet werden, bei denen die Kunden mittels einer App oder anderen Technologien eingewilligt haben stellt die EU Datenschutz Grundverordnung (DSGVO) kein Hindernis für kassenlose Filialen dar. Bei dem REWE Markt in Köln müssen die Kunden vor dem Einkauf mit einer App einchecken und der Erfassung zustimmen.
Vor dem Einkauf in einem kassenlosen Geschäft muss eine App heruntergeladen werden. Ganze 73 % würden sich damit wohlfühlen.
Wir wollten weiterhin wissen, wie wohl sich Konsumenten damit fühlen würden, wenn diese App direkt mit Ihrem Bankkonto verbunden wäre. 45 % fühlen sich damit wohl, 49 % geben an, sich unwohl, zu fühlen und 6 % sind nicht sicher.
Diejenigen, die nicht am kassenlosen Supermarkt interessiert sind, führen verschiedene Gründe auf
Wir fragten die Nicht-Interessierten nach ihrer Meinung, was gegen das kassenlose Einkaufen spricht. 60 % geben an, dass sie ihr Smartphone nicht zum Einkaufen in einem Laden nutzen wollen. 59 % möchten nicht zur Automatisierung/Abschaffung von Arbeitsplätzen beitragen und 53 % beschweren sich darüber, kein Bargeld benutzen zu können.
Bei Aldi gehen trotz des Wegfalls von Kassen keine Arbeitsplätze verloren. In ihrem kassenlosen Laden in Utrecht ist geplant, dass weitere Mitarbeiter eingestellt werden, um einen reibungsfreien Einkaufsablauf mit der neuen Technologie zu gewährleisten.
Wichtige Überlegungen für Unternehmen
Für kleine und mittlere Unternehmen, die eine Modernisierung ihres Kassiervorgangs im Lebensmittelhandel in Erwägung ziehen, gibt es eine ganze Reihe von Überlegungen zu treffen. Hier sind einige Fragen, die sich Einzelhändler stellen sollten, bevor sie sich für neue Tools entscheiden:
- Werden die Kunden auf einen Internetzugang angewiesen sein, um ihre Einkäufe zu tätigen?
- Wie kann ich Kunden, die nicht technikaffin sind, über die neuen Technologien aufklären?
- Wie kann ich meinen Kunden angesichts der neuen Abläufe einen besseren Service bieten?
- Wie kann ich Kunden besser über die gesammelten Daten aufklären und zum Schutz ihrer Daten beitragen?
- Wie verteile ich Arbeitsplätze, damit diese nicht verloren gehen?
- Kann ich auch Selbstbedienungskassen anbieten, an denen Kunden ihre Produkte selbst einzuscannen und am Automaten bezahlen können? Hier können Kunden auch mit Bargeld bezahlen bzw. müssen die App nicht mit ihrem Bankkonto verknüpfen.
Methodik der Umfrage:
Um die Daten für diesen Bericht zu sammeln, haben wir im Januar und Februar 2022 eine Online-Umfrage durchgeführt. Für die Teilnahme an der Umfrage haben sich 1097 qualifiziert. Die Stichprobe der Teilnehmer ist repräsentativ für die Bevölkerung Deutschlands in Bezug auf Geschlecht und Alter. Die Kriterien für die Auswahl der Teilnehmer lauten wie folgt:
- Wohnsitz in Deutschland
- über 18 Jahre alt
- Sie müssen mindestens einmal im Monat oder öfter Lebensmittel einkaufen
- Leben entweder in einem städtischen oder einem vorstädtischen Gebiet
- Besitzen ein Smartphone
- Sie müssen in der Lage sein, eines von drei möglichen Merkmalen des kassenlosen Einkaufs richtig zu benennen, nachdem sie eine Definition und ein Erklärungsvideo erhalten haben.