Die Digitalisierung schreitet auch im medizinischen Bereich immer weiter voran und durch die COVID-19-Krise wird diese Entwicklung zusätzlich beschleunigt. Telemedizin ist ein wichtiges Instrument, um den Zugang zur Gesundheitsversorgung während der Pandemie aufrechtzuerhalten. Die Möglichkeit, mit einem Spezialisten unabhängig des Standorts zu sprechen, ein Rezept online zu erhalten und das Risiko einer Ansteckung im Wartezimmer zu vermeiden ist dank Telemedizin-Software möglich.

Telemedizin in Deutschland

Was halten Patienten von Telemedizin, wie zufrieden waren sie mit der Behandlung und wollen sie auch in Zukunft die neue Technologie nutzen? Um dies und mehr zu beantworten hat Capterra mehr als 4000 Patienten aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien befragt, die innerhalb der letzten 12 Monate einen Termin im Gesundheitswesen wahrgenommen haben (die vollständige Umfrage-Methodik befindet sich am Ende des Artikels). 

Der Artikel konzentriert sich auf die Ergebnisse aus Deutschland (1047 Befragte). Die Befragten nutzten Telekonsultation für eine breite Palette von medizinischen Terminen, aber der mit Abstand häufigste war die Konsultation mit ihrem Hausarzt (49 %).

Die Nutzung von Telemedizin in Deutschland

Ein Ausflug in die Telemedizin in Deutschland

Telemedizin ist ein innovativer Bereich der Telematik und wird im Gesundheitswesen angewendet, um die Diagnose und Therapie von Erkrankungen mit digitalen Kommunikationsmedien durchzuführen. Es ist möglich, auf diese Weise räumliche Distanzen zu überbrücken und die Behandlung außerdem zeitlich zu entkoppeln. Patienten können mit ihrem Arzt, Therapeuten oder einem Apotheker kommunizieren. Dies wird auch als doc2patient-Telemedizin bezeichnet.

Außerdem können Ärzte die Videodienste für den kollegialen Austausch untereinander nutzen. Dies wird zum Beispiel für die medizinischen Weiterbildung oder bei komplizierten Fällen eingesetzt und als doc2doc-Telemedizin bezeichnet. 

Kurz gesagt bezeichnet Telemedizin den Prozess der Beratung, Diagnose und Behandlung medizinischer Probleme aus der Ferne über Telekommunikationstechnologien (wie Videokonferenzen, Telefonanrufe, Chatbots usw.)

Deutschland stand was Telemedizin angeht einigen Herausforderungen entgegen, wie dem mangelnden flächendeckenden Breitbandausbau, der Schulung von medizinischem Fachpersonal und der mangelnden Erstattungsfähigkeit der Leistungen. 

Dies soll sich jetzt jedoch ändern. Die Nutzung von Telemedizin wird mehr vom Staat angekurbelt. So verabschiedete der Bundestag am 06.05. ein neues Gesetz für die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Der Gesundheits- und Pflegebereich soll digitaler werden und damit den Patienten das Leben erleichtern. Das Gesetz sieht unter anderem Vereinfachungen bei Videosprechstunden und elektronischen Rezepten vor. Das Gesetz stellt ein neues Verfahren vor, damit Krankenkassen die Kosten für neue digitale Angebote erstatten.

Telemedizin in Deutschland wird wenig genutzt 

Lediglich 17 % der befragten Patienten geben an, schon einmal per Telemedizin ein Gespräch mit einem Arzt gehabt zu haben. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass Telemedizin bisher schwieriger zugänglich und weniger prominent als in einigen anderen europäischen Ländern war. Telemedizin ist beispielsweise in den Niederlanden bereits ein fester Bestandteil der gesundheitspolitischen Planung und der Regelversorgungskonzepte. 

Unsere Studienergebnisse zeigen, dass in den Niederlanden jeder dritte Patient (31 %) Telemedizin schon mal genutzt hat. In Großbritannien hat bereits jeder zweite Patient (54 %) Telemedizin genutzt, in Frankreich sind es 28 %.

78 % der deutschen Telemedizin-Nutzer hatten ihre erste Online-Beratung während der COVID-19-Pandemie. In 42 % der Fälle bezog sich die Beratung auf COVID-19-Symptome, in 58 % auf etwas anderes. 

Telemedizin-Nutzer sind überzeugt 

Dass Telemedizin ein versprechender Trend ist, spiegelt sich in den Meinungen der Nutzer wider. Ganze 91 % der Nutzer möchten Telemedizin auch zukünftig nutzen. Diese Zahl liegt höher als in den anderen befragten Ländern. In den Niederlanden geben 81 % an, dass sie auch in Zukunft Fernbehandlungen nutzen möchten, in Frankreich liegt die Zahl bei 88 % und in Großbritannien bei 79 %. Es zeichnet sich der Trend ab, dass die Behandlungen weiter verwendet werden wollen und zufriedenstellend sind. 

Wir wollten mehr über die Qualität der Fernbehandlung wissen und fragten, ob die telemedizinische Beratung ausreichend war, um das Problem der Patienten zu lösen. 

Telemedizinische Beratung

Für 61 % der Patienten war die Behandlung ausreichend, um ihr Problem zu lösen. 27 % konnten das Problem mit einer weiteren Online-Beratung lösen (mit demselben oder einem anderen Arzt). Lediglich 12 % der Patienten mussten einen persönlichen Termin vereinbaren. 

Hauptgründe für die Nutzung von Telemedizin

Wie Telearbeit und Videokonferenzen, die es ermöglichen, Meetings aus der Ferne abzuhalten, könnte die Telekonsultation neue Gewohnheiten formen und die Lebensqualität verbessern. Praktische Gründe wie keine Anfahrt/Warten und ein schneller Termin waren die ausschlaggebende Wahl für die telemedizinische Beratung. Auch die Vermeidung einer Ansteckung ist unter den meistgenannten Gründen dabei. 

Ein weiterer Vorteil der ärztlichen Beratung per Videosprechstunde ist, dass Patienten häufiger einen Arzt konsultieren (einschließlich Routinekontrollen). So geben 30 % der Telemedizin-Nutzer an, dass sie wegen der Videosprechstunde häufiger einen Arzt konsultiert haben bzw. vorhaben, dies häufiger zu tun. 

Das E-Rezept für die Telemedizin in Deutschland

Telemedizin Technologien

Die Online-Terminvergabe sowie Kundendienst über beispielsweise WhatsApp und SMS werden bereits verbreitet genutzt – im Gegensatz zu der elektronischen Krankenakte und dem elektronischen Rezept. 

Seit dem 1. Januar 2021 können Patienten eine elektronische Patientenakte (ePA) ihrer Krankenkassen erhalten, in der medizinische Befunde und Informationen aus vorhergehenden Untersuchungen und Behandlungen umfassend gespeichert werden können. 32 % der Telemedizin-Patienten haben bereits die elektronische Patientenakte genutzt. 

In Deutschland wird das elektronische Rezept bereits von mehreren Krankenkassen bereits zur Verfügung gestellt. So nutzten 29 % unserer befragten Patienten das E-Rezept. Das neu eingeführten Patientendaten-Schutz-Gesetz gibt jedoch die verpflichtende Nutzung des E-Rezepts bei der Verordnung von verschreibungspflichtige Arzneimitteln ab Januar 2022 vor. Der Arzt gibt die Rezeptdaten elektronisch in sein Praxisverwaltungssystem ein und signiert es elektronisch. Der Patient kann über seine App auf dem Smartphone bei bis zu drei Apotheken anfragen, ob das Medikament dort verfügbar ist und es anschließend dort mit seinem digitalen Rezeptcode abholen

In Frankreich und UK nutze bereits jeder 2. Das E-Rezept, in den Niederlanden liegt die Nutzungszahl bei 31 %. In Deutschland ist mit einem starken Anstieg der Nutzung im kommenden Jahr zu rechnen. 

Wie kontaktieren Patienten ihren Arzt?

59 % haben ihr Smartphone für den telemedizinischen Beratungstermin verwendet. Wie haben die Patienten mit Ihrem Arzt gesprochen?

  • Per Telefonanruf gesprochen (47 %)
  • Per Videokonferenz-App für medizinische Zwecke (37 %) 
  • Über eine App/Plattform der Krankenkasse/der Klinik/des Krankenhauses mit Videokonferenzfunktionen (8 %)
  • Per Chat wie beispielsweise WhatsApp (6 %)
  • Sonstiges (2 %)

83 % der Patienten müssen noch überzeugt werden 

Der Großteil der Patienten haben noch nie Telemedizin in Anspruch genommen. Die Gründe, warum sich Patienten dagegen entscheiden, reichen von der Präferenz persönlich mit einem Arzt zu sprechen (71 %) über den Zweifel, dass Ärzte online eine genaue Diagnose stellen können (48 %) zu dem Glauben, dass die individuellen gesundheitlichen Probleme eine persönliche Beratung erfordern (33 %).

Dennoch verliert die Mehrheit nicht das Interesse an dem Konzept: 65 % sind offen in Zukunft Telemedizin zu nutzen. 

Ärzte sollten sich auf den neuen Trend vorbereiten 

Für Ärzte wird es wichtig auf den Trend zu reagieren und sich vorzubereiten. Dazu gehört unter anderem die Auswahl der richtigen Telemedizin-Software. Software ermöglicht die Kommunikation zwischen Arzt und Patient per E-Mail, Instant Messaging und Videokonferenzen. In der Regel verfügt Telemedizin-Software auch über Funktionen für die Terminplanung, elektronische Krankenakten, Rezepte und die Verwaltung (für Abrechnungskontrolle, Logistik usw.). Es ist wichtig das Personal im Umgang mit dem neuen Tool zu schulen. 

Vergesse auch nicht deine Patienten über die neuen digitalen Funktionen zu informieren und nach Feedback zu fragen. Immerhin geben 25 % der Telemedizin-Nutzer als einer der Hauptnachteile an, dass es technische Probleme bei ihnen oder aufseiten des Arztes gab und 14 % finden die Plattform nicht benutzerfreundlich. 

Telemedizin ist auch nach der Krise ein wichtiger Trend 

Auch wenn die Nutzungszahlen noch sehr gering sind, planen jedoch 77 % der Patienten auch nach Ende der COVID-19-Pandemie Telemedizin gleich häufig bzw. sogar häufiger als bis jetzt zu nutzen. Aufgrund der Coronapandemie haben viele Patienten zum ersten Mal Erfahrungen mit der Fernbetreuung gesammelt. Diese Erfahrung war in den meisten Fällen gut und die Patienten erkennen, dass die Vorteile der Online-Konsultation über den Schutz vor einer Coronavirus-Infektion hinausgehen. Geringere Wartezeiten, kürzere Reisezeiten und schnellere Verfügbarkeit eines bestimmten Arztes sind wichtige Vorteile, die die zukünftige Nutzung der Telekonsultation anregen werden.

Nicht nur für Patienten, sondern auch für Ärzte wird Telemedizin zum wichtigen Trend. 27 % der Patienten, die Telemedizin bereits genutzt haben, würden mit viel höherer Wahrscheinlichkeit einen Arzt wählen, der diese Art der Konsultation anbietet, wenn sie einen neuen Arzt evaluieren. Ärzte, die heute in Telemedizin investieren, werden nicht nur einen besseren Ansatz für den Umgang mit dem Coronavirus haben, sondern auch in Zukunft besser auf die Versorgung ihrer Patienten vorbereitet sein. 

Zu weiteren wichtigen Trends in der Telemedizin gehören der Einsatz der künstlichen Intelligenz und der Datenschutz in der Medizin. Diese Themen werden wir nächsten Monat in einem Folgeartikel näher untersuchen. 

Wie geht es weiter? Wirf einen Blick auf unser  Telemedizin Software Verzeichnis, um das passende Tool zu finden.

*Methodik der Umfrage

Um die Daten für diesen Bericht zu sammeln, führte Capterra im April 2021 eine Online-Umfrage durch. Von den insgesamt befragten Personen konnten wir 1047 Personen aus Deutschland identifizieren, die unseren Kriterien entsprachen:

  • Wohnsitz in Deutschland
  • Über 18 Jahre alt
  • Hatten innerhalb der letzten 12 Monate einen Arzttermin
  • Gehen in der Regel mindestens einmal im Jahr zum Arzt

In den Niederlanden wurden 994, in Frankreich 1017 und in UK 1018 Patienten befragt.